Geschäftsidee eines Start-ups So schützt Künstliche Intelligenz die Daten

Vorher und nachher: Mithilfe schwarzer Punkte und Striche (rechts) werden Fotos so verwandelt, dass sie sich später auch nicht mehr zum Originalbild (links) rekonstruieren lassen – und Menschen darauf erkannt werden können. Foto: Bauta

Neue Technologien gelten als Datenkraken, die unbemerkt Informationen sammeln. Ein Start-up-Unternehmen setzt nun Künstliche Intelligenz ein, um beim Datensammeln persönliche Informationen unkenntlich zu machen.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau : Klaus Köster (kö)

Die vielen schwarzen Striche und Punkte auf der weißen Fläche erwecken nicht gerade den Eindruck, dass dahinter eine anspruchsvolle Technologie steckt. Tatsächlich aber hat das in Bruchsal ansässige Start-up-Unternehmen Bauta damit eine Technologie entwickelt, mit der es aus einer bundesweiten Auswertung der Preisträger etlicher Start-up-Wettbewerbe als bestes Unternehmen aus Baden-Württemberg hervorgegangen ist. Denn die seltsamen Muster sollen zeigen, wie sich menschliches Verhalten mithilfe von Kameras und Künstlicher Intelligenz (KI) auswerten lässt, ohne dabei den Datenschutz zu verletzen.

 

Originalbild nicht mehr rekonstruierbar

„Wer in einer Stadt Werbeflächen vermarkten will, hat ein großes Interesse daran, genau zu wissen, welche Leute wann und wie lange dort vorbeikommen“, sagt Daniel Nikola, einer der beiden Gründer des Unternehmens. Die Menschen einfach mit Kameras zu erfassen verbiete sich aber und könne angesichts der Datenschutzregeln mit Millionenstrafen sanktioniert werden. Daher hat Bauta – der Name stammt von einer Maske aus dem venezianischen Karneval, mit der man sich frei und zugleich unerkannt bewegen kann – eine Technologie entwickelt, mit der die Signale der Kamera in eine Unzahl schwarzer Punkte und Striche verwandelt werden, die sich später auch nicht mehr zum Originalbild rekonstruieren lassen. KI aber kann aus diesem scheinbaren Chaos Informationen ziehen – über das Alter der Menschen ebenso wie über ihre Kleidung und sogar über die Emotionen, die diese beim Betrachten der Werbefläche zeigen. „Das Ganze ist nicht nur völlig datenschutzkonform – es fällt noch nicht einmal unter die Regeln zum Datenschutz, weil überhaupt keine persönlichen Daten gespeichert werden“, sagt Nikola.

Auch Verkehrsteilnehmer lassen sich mit den sogenannten Blindsensoren erkennen, ohne personenbezogene Daten zu verarbeiten. Für das autonome Fahren, das die Daten aus der Umgebung ebenfalls mithilfe Künstlicher Intelligenz auswertet, werden die Sensoren bisher nicht verwendet. Hier sind die Anforderungen an die Schnelligkeit der Auswertung bisher noch zu hoch.

Brücke zwischen KI und Datenschutz

Angesichts der hohen Bedeutung, die der Datenschutz gerade in der EU hat, sieht er für die Technologie noch eine ganze Reihe weiterer Anwendungen. „Bei der Überwachung von Industrieanlagen gibt es eine ähnliche Problematik“, sagt er. Die Firma müsse sicherstellen, dass die Produktion störungsfrei laufe, dürfe dabei aber die eigenen Mitarbeiter nicht filmen. Auch hier könne die Technologie nützlich sein. Kommunen könnten ebenfalls auf die Technik zurückgreifen, wenn sie planen, wofür sie ihre Grundstücke nutzen. Können sie nachweisen, dass eine bestimmte Zielgruppe sich dort häufig aufhält, ließen sich die Flächen viel zielgerichteter an Interessenten vermarkten, die sie dann auch sinnvoll nutzen könnten.

„Die Künstliche Intelligenz ist an einem Punkt angelangt, an dem jeder sieht, dass sie in der Praxis funktioniert“, sagt Nikola, der in der Firma fürs Kaufmännische zuständig ist. Jetzt entscheide sich, wohin sie sich entwickele. „Wir wollen zwischen KI und dem Datenschutz eine Brücke bauen und zeigen, dass diese Technologie nicht im Widerspruch zur Wahrung der Privatsphäre stehen muss.“

Gute Bedingungen für Start-ups

Im Südwesten habe man für die Entwicklung von Anfang an geradezu ideale Bedingungen vorgefunden. Über das baden-württembergische Pre-Seed-Programm für Unternehmen, die noch ganz am Anfang stehen, habe man sehr früh Förderung erhalten. Noch wichtiger als das Geld sei aber die Möglichkeit, das Geschäftsmodell zu entwickeln und zu „challengen“ – also auf die Probe zu stellen. „Ein Firmengründer kommt ja nicht unbedingt aus der Branche, deren Probleme er mit seiner Idee lösen will“, sagt Nikola. Deshalb sei es wichtig, frühzeitig herauszufinden, ob es für die Lösung, an der er arbeitet, überhaupt ein passendes Problem gibt. Hierfür seien die vielen Inkubatoren im Südwesten hervorragend geeignet.

Diese stellen die notwendigen Kontakte in die Zielbranche her und helfen so, das Geschäftsmodell auf seine Tragfähigkeit hin zu überprüfen. Die große Zahl an Fördermöglichkeiten hält er nicht für Wildwuchs, sondern für eine Stärke des Landes, das in den Regionen unterschiedliche Inkubatoren betreibt. In Offenburg gibt es den Black-Forest-Accelerator, in Karlsruhe das Cyberlab, in Stuttgart den Gründermotor; hinzu kommen Netzwerke wie das Startup.connect in der Ortenau, über das sich Kontakte ins nahe Elsass knüpfen ließen. Auf die viel gerühmte Start-up-Szene in Berlin ist Nikola jedenfalls nicht neidisch. Der Südwesten biete Gründern alles, was sie brauchen.

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