Der Stadtarchivar Mathias Graner hat zusammen mit dem Heimatverein ein Buch zur Geschichte des Malmsheimer Flugplatzes vorgelegt.

Renningen - Was es mit dem Tannenkönig auf sich hatte, wissen von den Renningern und Malmsheimern heute wohl nur noch wenige. Doch Renningens Stadtarchivar Mathias Graner hat das Geheimnis gelüftet, als er aus der Geschichte des Malmsheimer Flugplatzes geplaudert hat.

 

Mit der bewegten Geschichte dieses Flugplatzes haben sich der Stadtarchivar, Mitglieder des Heimatvereins und viele interessierte Bürger immer wieder stark beschäftigt, nicht zuletzt, weil er auf die Stadtentwicklung und die Bevölkerung großen Einfluss hatte. „Wir haben uns viele Jahre intensiv des Themas angenommen“, erzählt Graner, „es gab immer wieder Ausstellungen und Vorträge. Und ganz oft kam die Frage auf: Wo kann man das nachlesen? Gibt es da ein Buch?“

Gab es nicht. Bis jetzt, denn vor rund zwei Jahren hat Graner mit der tatkräftigen Unterstützung vieler Bürger und besonders mit der Hilfe des Heimatvereins Rankbachtal und der beiden Co-Autoren Rolf Mayer und Rolf Steinhilber ein Buchprojekt über den Flughafen auf den Weg gebracht und das fertige Buch jetzt vorgestellt. Den mehr als 130 Besuchern, die zur Präsentation gekommen sind, serviert der Stadtarchivar Auszüge aus der Luftfahrt- und der Stadtgeschichte, die so nicht überall nachzulesen sind. „Ich hoffe, Sie bekommen dadurch alle Appetit auf das Buch“, sagt er mit einem Schmunzeln, doch schon zu Beginn der Veranstaltung halten nicht wenige ein Exemplar in der Hand.

Bauern mussten die Felder verkaufen

Die Geschichte des Flugplatzes beginnt Mitte der 30er Jahre mit dem Aufkauf von 80 Hektar Fläche, davon 20 Hektar Renninger und 10 Hektar Malmsheimer Gemeindegrund. Der Rest war landwirtschaftliche Fläche in Privatbesitz. „Es fand nicht direkt eine Enteignung der Bauern statt“, berichtet der Stadtarchivar, „aber Nein sagen ging auch nicht. Man wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, der Verkauf an das Militär war alternativlos.“ Wenigstens durften die Bauern ihre Obstbäume selbst fällen und das Holz verwenden, denn der Verlust der Streuobstwiesen und Felder war schlimm genug und durch die zögerlichen, wohl auch unzuverlässig geleisteten Ausgleichszahlungen, schwer aufzufangen.

Von 1936 an wurde der Malmsheimer Einsatz-Hafen gebaut, doch schon 1938 brauchte das Militär mehr Fläche. Und damit war das Ende des Tannenkönigs besiegelt. Die 150 Jahre alte Tanne mitten im Wald, ein gern besuchtes Naturdenkmal, musste der Vergrößerung des Flughafens weichen. Der Tannenkönig wurde, das ist dokumentiert, am 30. März 1939 gefällt.

Der große Flughafen, von dem aus im Zweiten Weltkrieg bis zuletzt intensive Lufteinsätze geflogen wurden, wurde als Gutshof getarnt, auf dem auch tatsächlich Landwirtschaft und Nutztierzucht betrieben wurden. Die Rollbahn bekam einen Tarnanstrich, der sie auf den Luftaufnahmen der Alliierten nahezu unsichtbar machte, erst gegen Ende des Krieges wurde der Flughafen entdeckt. Der Flughafen brachte viel Militär an den Rankbach und die umliegenden Gemeinden. Das hatte Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung: „Es war richtig was los hier im Krieg“, erzählt Graner, „und es menschelte“. Etliche hier stationierte Soldaten ließen sich dann auch nach dem Krieg am Rankbach nieder.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Gebäude unterschiedlichen Zwecken. Zunächst wurden sie zum staatlichen Durchgangslager für Heimatvertriebene und Flüchtlinge. Diese kamen direkt dort mit dem Zug an, denn damals gab es die Gleisabzweigung von der Schwarzwaldbahn – heute die S 6 – zum Malmsheimer Flughafen noch. „Die Wände der Baracken“, erzählt Graner, „waren komplett vollgeschrieben mit Nachrichten der hier gestrandeten Menschen, sie schrieben hin, woher sie kamen und wohin sie gingen, immer in der Hoffnung, dadurch Angehörige zu finden.“ Das Stadtarchiv hat einige der Originalmauern bewahrt, der Rest wurde minutiös abfotografiert, bevor die Häuser 2011 abgerissen wurden.

Doch vor dem Abriss waren die Gebäude noch Zwischenstation für deutsche Kriegsheimkehrer und Militärstützpunkt für die Amerikaner. Nach Gründung der Bundeswehr 1955 übernahm diese das Gelände. Die Bauern forderten ihre unfreiwillig abgegebenen Grundstücke zurück, vergeblich. Doch sie konnten die Flächen pachten und landwirtschaftlich nutzen.

Ende des Flugplatzes ist absehbar

Verschiedene militärische Ansinnen, den Flughafen auszubauen, scheiterten nicht zuletzt an Bürgerprotesten. Das Anwesen wurde schließlich für Übungseinsätze von Polizei und Spezialeinheiten genutzt, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Die Bundeswehr stellte das Gelände, auf dem sie von 1998 bis 2010 ein Kommando des Such- und Rettungsdienstes einsatzbereit stationiert hatte, großzügig für verschiedene Veranstaltungen zur Verfügung. Der Sportfliegerclub Leonberg siedelte sich an, es fanden Schlittenhunderennen statt und der Malmsheimer Musikverein feierte dort viele Jahre sein großes jährliches Fest. Auch Schafe hat man regelmäßig weiden sehen.

Heute steht auf dem Gelände die Firma Bosch, auf einem Teil des Areals hat die Bundeswehr noch die Hand drauf. Bundeswehr und US-Streitkräfte üben hier mit den Fallschirmspringern, und auch die Segelflieger sind noch da – das Ende der Geschichte zeichnet sich aber ab, weil Bosch sich die Option auf das Gelände gesichert hat. Bis 2029 müssen Bundeswehr und Sportsegler verschwinden.