Zu diesem Datum wurde die kleine T3 an die Technischen Werke der Stadt Stuttgart verkauft. Bis weit in die sechziger Jahre hinein zog sie Kohlenwagen durch das Gaswerk im Stuttgarter Osten. Dann wurde sie in den Ruhestand geschickt. Die Gaswerk-Lokomotive ist vielen Stuttgartern noch gut im Gedächtnis. So schrieb der StZ-Leser Joachim Braun für die Geschichtswerkstatt eine seiner liebsten Kindheitserinnerungen aus dem Jahr 1956 auf: „Da kommt die Dampflokomotive wieder. Jetzt schleppt sie mit glänzender Kohle beladene Waggons zu unserer Brücke. Die Lokomotive hat drei mit Stangen verbundene Räder auf jeder Seite, wie meine Uhrwerk-Lokomotive, die an Weihnachten mit Marzipankartoffeln beladene Güterwagen auf einer Kreisbahn zieht. Mühsam drehen sich die Räder über die blanken Schienen. Durch die große Öffnung in der Rückwand des Führerstandes kann ich den Heizer arbeiten sehen. Schwarz und rußig, mit einer Zigarette im Mund, schaufelt er die Kohlen in das Feuerloch, in dem es brennt und glüht wie im Koksofen des Gaswerks. Als die Lokomotive die Brücke erreicht, stelle ich mich in die weiße Dampfwolke. Heizer, das wäre später auch ein Beruf für mich.“

 

Im Münsinger Schuppen erklärt Bernd-Matthias Weckler den Führerstand. Große runde Instrumente mit schwarzen Zeigern auf hellem Grund informieren über den Kesseldruck und den Druck im Schieberkasten. Drei Instrumente gehören zum Bremssystem. Ein mächtiger Hebel lässt die Lok vorwärts oder rückwärts fahren. Mit einem kräftigen Zug an einen roten Griff ertönt die Pfeife. Natürlich nur, wenn die Lok unter Dampf steht. Bis es so weit ist, vergehen drei bis fünf Stunden. „Man muss langsam aufheizen, erst Holz, dann Kohle. Sonst leidet das Material“, sagt Weckler. „Die Feuerbüchse“, meint er lächelnd, „ist fast so klein wie im Stubenofen daheim.“

Im Jahr 1982 landete die ausgemusterte Lok bei der Gesellschaft zur Erhaltung von Schienenfahrzeugen Stuttgart (GES). Dort hatte man früh die historische Bedeutung der Eisenbahn erkannt. Anfang der neunziger Jahre sollte die T3, die auf einem von der GES gemieteten Gleis in Kornwestheim gestrandet war, restauriert werden. Der junge Ingenieur Thomas Kirchner ließ sie demontieren. Alle Teile sollten aufgearbeitet und wieder zusammengefügt werden. Kirchner konnte das Werk allerdings nicht vollenden, er starb 1995 an einem Gehirnschlag. Die Arbeiten an der T3 wurden daraufhin eingestellt.

200 Spender bringen 150 000 Euro

2001 erhielt Werner Willhaus einen Anruf von Thomas Kirchners Vater Gerhard, ehemaliger Werkstattleiter sowie Lokführer bei der Württembergischen Eisenbahngesellschaft. „Werner“, sagte er, „ich fühle mich dem Werk meines Sohnes verpflichtet, wir müssen die T3 wieder auf die Räder stellen.“ Willhaus schrieb zahlreiche Spendenaufrufe, Kirchner überredete die Landesdenkmalstiftung und das Landesdenkmalamt zu Zuschüssen. Gerhard Kirchner trat mit seiner Drehorgel bei Festen auf und sammelte fleißig für sein Vater-Sohn-Projekt. „Wir wurden von vielen ausgelacht“, erinnert sich Willhaus. Das Lachen verging den Skeptikern aber, nachdem mehr als 150 000 Euro zusammengekommen waren. Mehr als 200 Einzelspender hatten sich für die kleine Lok eingesetzt und zwischen fünf bis zu mehreren Tausend Euro gegeben. Die ersten Aufträge wurden verteilt.

Die 930 wurde noch im gleichen Jahr der Maschineninspektion Ulm zugeteilt. Dort zog sie kleinere Gütertransporte nach Blaubeuren und Schelklingen oder half bei den Rangierarbeiten im Ulmer Bahnhof. Gut möglich, dass sie auch Personenwaggons auf die Alb nach Münsingen oder Kleinengstingen gezogen hat. Viele dürften es nicht gewesen sein, dazu war die Lokomotive mit ihren 330 PS nicht kräftig genug. Beschaulich war die Reise auch, denn die Höchstgeschwindigkeit lag bei 45 Stundenkilometern. Und alle 30 Kilometer musste der Wasservorrat von 5,3 Kubikmetern aufgefüllt werden. Kein Problem damals, alle Bahnhöfe hatten Wasserkräne, die die Tanks der Loks mit großem Druck in wenigen Minuten auffüllten. Der Kohlevorrat von 1,3 Tonnen reichte über diesen 30-Kilometer-Radius hinaus.

1920 ging die K.W.St.E. in der Reichsbahn auf, die 930 erhielt für ihren weiteren Lebenslauf die Nummer 89 363. Und weil Eisenbahner äußerst gründliche Menschen sind, konnte Werner Willhaus auch noch nach Jahrzehnten die Betriebsbücher einsehen. „Bis zum 31. August 1931 hat diese Lokomotive 757 000 Kilometer zurückgelegt“, sagt er.

Die Lok steht unter Dampf

Zu diesem Datum wurde die kleine T3 an die Technischen Werke der Stadt Stuttgart verkauft. Bis weit in die sechziger Jahre hinein zog sie Kohlenwagen durch das Gaswerk im Stuttgarter Osten. Dann wurde sie in den Ruhestand geschickt. Die Gaswerk-Lokomotive ist vielen Stuttgartern noch gut im Gedächtnis. So schrieb der StZ-Leser Joachim Braun für die Geschichtswerkstatt eine seiner liebsten Kindheitserinnerungen aus dem Jahr 1956 auf: „Da kommt die Dampflokomotive wieder. Jetzt schleppt sie mit glänzender Kohle beladene Waggons zu unserer Brücke. Die Lokomotive hat drei mit Stangen verbundene Räder auf jeder Seite, wie meine Uhrwerk-Lokomotive, die an Weihnachten mit Marzipankartoffeln beladene Güterwagen auf einer Kreisbahn zieht. Mühsam drehen sich die Räder über die blanken Schienen. Durch die große Öffnung in der Rückwand des Führerstandes kann ich den Heizer arbeiten sehen. Schwarz und rußig, mit einer Zigarette im Mund, schaufelt er die Kohlen in das Feuerloch, in dem es brennt und glüht wie im Koksofen des Gaswerks. Als die Lokomotive die Brücke erreicht, stelle ich mich in die weiße Dampfwolke. Heizer, das wäre später auch ein Beruf für mich.“

Im Münsinger Schuppen erklärt Bernd-Matthias Weckler den Führerstand. Große runde Instrumente mit schwarzen Zeigern auf hellem Grund informieren über den Kesseldruck und den Druck im Schieberkasten. Drei Instrumente gehören zum Bremssystem. Ein mächtiger Hebel lässt die Lok vorwärts oder rückwärts fahren. Mit einem kräftigen Zug an einen roten Griff ertönt die Pfeife. Natürlich nur, wenn die Lok unter Dampf steht. Bis es so weit ist, vergehen drei bis fünf Stunden. „Man muss langsam aufheizen, erst Holz, dann Kohle. Sonst leidet das Material“, sagt Weckler. „Die Feuerbüchse“, meint er lächelnd, „ist fast so klein wie im Stubenofen daheim.“

Im Jahr 1982 landete die ausgemusterte Lok bei der Gesellschaft zur Erhaltung von Schienenfahrzeugen Stuttgart (GES). Dort hatte man früh die historische Bedeutung der Eisenbahn erkannt. Anfang der neunziger Jahre sollte die T3, die auf einem von der GES gemieteten Gleis in Kornwestheim gestrandet war, restauriert werden. Der junge Ingenieur Thomas Kirchner ließ sie demontieren. Alle Teile sollten aufgearbeitet und wieder zusammengefügt werden. Kirchner konnte das Werk allerdings nicht vollenden, er starb 1995 an einem Gehirnschlag. Die Arbeiten an der T3 wurden daraufhin eingestellt.

200 Spender bringen 150 000 Euro

2001 erhielt Werner Willhaus einen Anruf von Thomas Kirchners Vater Gerhard, ehemaliger Werkstattleiter sowie Lokführer bei der Württembergischen Eisenbahngesellschaft. „Werner“, sagte er, „ich fühle mich dem Werk meines Sohnes verpflichtet, wir müssen die T3 wieder auf die Räder stellen.“ Willhaus schrieb zahlreiche Spendenaufrufe, Kirchner überredete die Landesdenkmalstiftung und das Landesdenkmalamt zu Zuschüssen. Gerhard Kirchner trat mit seiner Drehorgel bei Festen auf und sammelte fleißig für sein Vater-Sohn-Projekt. „Wir wurden von vielen ausgelacht“, erinnert sich Willhaus. Das Lachen verging den Skeptikern aber, nachdem mehr als 150 000 Euro zusammengekommen waren. Mehr als 200 Einzelspender hatten sich für die kleine Lok eingesetzt und zwischen fünf bis zu mehreren Tausend Euro gegeben. Die ersten Aufträge wurden verteilt.

„MaLoWa 07.08.2013“ ist weiß auf schwarz an der Lok zu lesen. Das Kürzel steht für die Mansfelder Lokomotiv- und Wagenwerkstatt, eine Bahnwerkstatt für Dampf- und Diesellokomotiven mit Sitz in Benndorf, Sachsen-Anhalt. Nach der Wende ist das Unternehmen aus der Bahnwerkstatt des Mansfeldkombinates hervorgegangen. Nach sieben Jahren Arbeit an der Lokomotive konnten die Spezialisten aus dem Osten am 7. August 2013 die Fertigstellung vermelden. Die 930 wurde zunächst nach Kornwestheim zur GES geliefert, sie ist noch immer Eigentümer der Maschine. Anfang Januar brachte sie ein Tieflader auf die Alb. Am 4. Januar startete die Lok ihre zweite Jungfernfahrt auf der Strecke der Schwäbischen Alb-Bahn. Am 2. März ist ihr erster offizieller Einsatz. Die Gäste können dann in drei historischen Waggons mitreisen.

Den Winter verbringt die T3 in Münsingen, im geheizten Lokschuppen der Schwäbischen Alb-Bahn. Im Juni soll sie nach Stuttgart zurückkehren, wo sie einst ihre letzten Arbeitstage verbrachte. Dort kann sie dann noch einmal allen zeigen, was in ihr steckt.