Frauen und Männer altern unterschiedlich – eine Ungerechtigkeit. Das findet unser Redakteur Martin Mezger.

Esslingen - Wir Marxisten suchen ja immer den revolutionären Widerspruch in der Gesellschaft. Leider ist beim traditionellen Klassenkampf seit langem tote Hose, und an der Produktionsfront ist auch nichts los. Ganz anders beim Geschlechterkampf und an der Reproduktionsfront. Der dialektische Sprung vollzieht sich heute in einen umwälzend veränderten Balz- und Brutverhalten: Während Frauen wie eh und je menopausieren, wird Opa wieder Papa – unter der inzwischen selbstverständlichen Voraussetzung, dass sich das Alter der jeweiligen Lebensabschnittspartner umgekehrt proportional verhält. Hä? Na, je älter der Alte, umso jünger seine Dritt-, Viert- oder weiß der Herr wievielte Frau. Hat natürlich auch was mit Statussymbolik zu tun, bestenfalls beiderseits: sexuelle Attraktivität gegen berufliche Position und gesellschaftliches Prestige. Ein fairer Tauschhandel? Selbst wenn: Dahinter steckt eine himmelschreiende biologische Ungerechtigkeit, und kein Gender-Kraut ist gegen sie gewachsen. „Double Standard of Aging“, murmeln die Experten. Soll heißen: Alternde Frauen werden gemeinhin als älter und unattraktiver wahrgenommen als alternde Männer – von sich selbst wie vom sozialen Umfeld. Nee, das ist keine fiese Chauvi-Fantasie, da gibt’s erfahrungswissenschaftliche Belege (und eine ebenso trostlose evolutionsbiologische Erklärung: Erotische Anziehungskraft ohne Fortpflanzungsfähigkeit ist für den Gattungserhalt sinnlos).