Bis 18 Uhr dürfen Restaurants und Cafés noch geöffnet haben. Für viele Gastronomen lohnt sich das betriebswirtschaftlich nicht – sie vermissen eine klare Linie seitens der Politik.

Stuttgart - Nach dem Bummel über den Blumenmarkt auf dem Schillerplatz in der Alten Kanzlei einkehren oder, wie jetzt eigentlich möglich, in der schönsten Frühlingssonne draußen sitzen: Das ist ab heute nicht mehr möglich. „Wir schließen bis auf weiteres“, heißt es in dem Innenstadtlokal. Das Leben in der Innenstadt droht vollends zu ersterben. „Es ist katastrophal“: Auch der Gastronom Andreas Scherle zieht aus dieser eindeutigen Beschreibung des massiven Rückgangs der Gäste in seinen beiden Lokalen die Konsequenz: Seit heute sind das Restaurant Zur Weinsteige und die Weinstube Stetter im Bohnenviertel geschlossen. „Der Aufwand, die Lokale weiter offen zu halten, ist zu groß. Die Leute gehen nicht mehr essen und treffen sich auch nicht mehr auf ein Viertele. Wir sind ziemlich am Boden.“

 

Noch einen Tag Galgenfrist gibt André Divanach, der Wirt der Academie der schönsten Künste in der Charlottenstraße, seinen wenigen noch verbliebenen Gästen. Es sind zu wenige, darum bleibt das Lokal von Donnerstag an geschlossen. „Wir haben 80 Prozent Umsatzeinbuße“, beklagt Divanach, das sei betriebswirtschaftlich nicht mehr zu vertreten. Der Politik wirft er vor, „keine klare Linie“ zu fahren. Er halte den vorgeschriebenen Abstand der Tische ein und werde nun auch noch seine Gäste registrieren. „Aber eh‘ die allgemeine Schließung kommt wie in Italien, sperre ich gleich zu, denn es rechnet sich sowieso nicht mehr.“

Mit weiteren Einschränkungen wird gerechnet

Weitere Einschränkungen erwartet Michael Zeyer vom Restaurant 5 in der Bolzstraße. Das Gourmetrestaurant im ersten Stock hat er geschlossen, das Bistro im Erdgeschoß ist „bis auf weiteres geöffnet“, aber von Montag bis Freitag nur von 10 bis 15 Uhr und am Samstag und Sonntag bis 18 Uhr, obwohl das Land noch keine 18-Uhr-Schließung verfügt hat. „Aber das kommt sicher“, sagt Zeyer. Außerdem bleiben abends die Gäste aus: Der Umsatz ist um 80 Prozent zurück gegangen.

Er hat recht, die Schließung um 18 Uhr wird kommen. Das bestätigt Albrecht Stadler vom Ordnungsamt. Die Verwirrung wegen der Schließzeiten habe sich durch die unterschiedlichen Verordnungen ergeben. Die Stadt war ja vorgeprescht mit ihrer Regelung, dass Restaurants von 6 bis 23 Uhr nur noch öffnen dürfen. Dann kam das Land mit seiner Verordnung, dass aber keine Schließzeiten vorsah. Es folgte am Montag der Bund mit seiner Empfehlung, Restaurants nur bis 18 Uhr zu öffnen. Stadler: „Das Land wird nachziehen, von Donnerstag an werden auch die Speiselokale in Stuttgart nur noch bis 18 Uhr öffnen.“ Dass Bars schließen müssen und Speiselokale offen bleiben, hat damit zu tun, „dass wir sicherstellen wollen, dass die Menschen etwas zu essen bekommen.“ Aber: „Eisdielen dienen allerdings nicht der Grundversorgung, die werden schließen.“

Jeden Tag Verluste

Im Restaurant Fässle wird sich der Patron Patrick Giboin heute voraussichtlich auch für eine Reduzierung des Betriebs auf einen Lunch zum Mittag entscheiden. Nicht anders sieht es im Ristorante Rusticone auf dem Römerkastell in Bad Cannstatt und im Ristorante Oggi am Kleinen Schlossplatz aus: Geöffnet bis 18 Uhr, aber noch so lange, wie es geht, „denn wir wollen unsere Gäste nicht allein lassen“, sagen sowohl Sandra Lavorato (Rusticone) wie Marcel Elsässer im Oggi. Milos Vujicic, der mit seiner Gastro-GmbH auch das Plenum im Landtag betreibt, sagt: „Wir sehen uns in der Verpflichtung, so lange es noch geht den Gästen eine Möglichkeit zum Einkehren zu bieten.“ Man halte sich strikt an die Verordnungen und entscheide im Halbtagesrhythmus neu. „Wir machen jeden Tag Verlust“, sagt Vujicic. Auch sein gastronomischer Betrieb auf Schloss Filseck (Kreis Göppingen) laufe weiter: mit einer gutbürgerlichen Schänke und dem frisch mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Gourmetrestaurant. Hierfür gebe es nur noch vereinzelte Reservierungen. Im Brauhaus Schönbuch wollte man eigentlich weiterhin bis 22 Uhr öffnen. Man habe die Tische so umgestellt, dass mindestens zwei Meter Abstand gewährt seien, sagt der Betriebsleiter Selcuk Velioglu. Man desinfiziere regelmäßig und achte darauf, dass nicht zu viele Gäste gleichzeitig im Raum sind. „Aber das ist derzeit kein Problem“, so Velioglu, „wir spüren einen dramatischen Einschnitt.“