Eine Baugruppe stellt aktuell die Weichen für den Umbau des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Stuttgart-Sillenbuch. Auch Schüler mischen mit. Die jungen Leute haben genaue Vorstellungen, selbst wenn das, was sie jetzt erarbeiten, sie nicht mehr betreffen wird.

Sillenbuch - Das Jahr 2018 war das Jahr des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Und 2019 wird ebenfalls das Jahr der Schule sein. Der Knoten ist geplatzt. Nach schier unendlichem Hin und Her hat der Gemeinderat im Sommer beschlossen, dass der marode 70er-Jahre-Bau teils im Bestand saniert, teils abgerissen und neu errichtet werden soll. Seit diesem Schuljahr kommt in regelmäßigen Abständen eine Baugruppe zusammen, die ein pädagogisches Raumkonzept erstellt, das wiederum als Grundlage für weitere Planungen dienen wird. Die Phase null. Involviert sind neben externen Prozessbegleitern Lehrer, Eltern, die Schulsozialarbeit, das Schulverwaltungsamt – und Schüler.

 

Konstantinia Andreadou (17), Esra Hamidi (14), Alvaro Gundlach (17), Malin Köhler (16) und Leon Asche (18) wissen: Was sie jetzt erarbeiten, wird sie wohl nie betreffen. Dem alten Haus werden sie entwachsen sein, bis das neue fertig ist. Dass man sie dennoch einbindet, finden sie toll. „Wir haben die Chance festzulegen, dass zukünftige Schüler alles haben, was sie brauchen“, sagt Esra Hamidi. Sie spricht von der Schule als „Lebensort“. Der Rektor Andreas Hamm-Reinöhl sieht es pragmatisch, „wenn man die Nutzer beteiligt, muss man hinterher weniger umplanen“, auch erreiche man so eine höhere Akzeptanz. Im ersten Halbjahr 2019 soll die Phase null enden.

Natur steht ganz oben auf der Wunschliste

Was die Heranwachsenden besonders freut: Sie fühlen sich ernstgenommen in einem Prozess, den sie teils seit der fünften Klasse verfolgen. Leon Asche spricht von einer „super offenen Atmosphäre“. Auch Konstantinia Andreadou betont, dass alle gleichberechtigt seien. Ideen haben die jungen Leute viele. Ganz oben stehen viel Natur – inklusive des Erhalts des Schulgartens und des Mammutbaums – und Farben. Ein „zentraler Ort der Begegnung“ schwebt Leon Asche vor – vielleicht in Form einer Aula, in die nach dem Dafürhalten des 18-Jährigen eine fest installierte Bühne samt Technik gehört.

Ähnliche Gedanken treiben Alvaro Gundlach um. Die ideale Schule müsse offen sein, lichtdurchflutet, mit einer offenen Aula. Rückzugsorte in Form von Unter-, Mittel- und Oberstufenräumen stehen auf der Wunschliste, ebenso ein Schülercafé, in dem man es sich bei einem Snack gemütlich machen kann, ohne dass man in die – oft überfüllte – Mensa muss.

Erfahrung mit Gepolter haben die Schüler

Nicht alles ist realistisch, aber die Vorgabe für die Baugruppe ist: ruhig auch mal spinnen, denn hinter verrückten Ideen schlummern oft echte Bedürfnisse, „das ist sehr inspirierend“, findet der Rektor. So könnte sich Konstantinia Andreadou Klassenräume ohne Türen vorstellen, Esra Hamidi ein „Gefühlszimmer“, in dem man sich bei Stress auch mal an einem Sandsack abarbeiten kann. Leon Asche fände ein Schulhaus gut, in dem Wasserfälle und -läufe plätschern.

Und ob dieser Wunsch unrealistisch ist, wird sich zeigen: Die Schüler hoffen für alle Nutzer des Hauses, dass der Umbau nicht zu lärmintensiv wird. Erfahrung mit Gepolter haben sie. „Als die Asylunterkünfte im Haselwedel gebaut wurden, das war schon sehr laut“, erinnert sich Konstantinia Andreadou.

Die Zitate und Grüße sollen bleiben

Erste Workshops haben stattgefunden, im neuen Jahr werden die Ideen konkretisiert. Verpassten Stoff müssen die Schüler nacharbeiten, „aber die drei Stunden sind es wert“, findet Malin Köhler. Wichtig ist den Jugendlichen, dass die Schule bleibt, wo sie ist – weil sie am jetzigen Standort optimal an ÖPNV, Sportanlagen und Einkaufsmöglichkeiten angebunden sei – , und dass sie nicht einfach plattgemacht wird.

Die Identifikation scheint groß, vor allem mit den Namensgebern. Eindeutiges Votum: Die Weiße-Rose-Zitate, die das Haus an mehreren Stellen zieren, müssen unbedingt erhalten bleiben. „Die Schule hat Geschichte“, sagt Alvaro Gundlach, und damit meint er nicht nur die Geschwister Scholl, sondern auch die vielen Grüße von Abiturienten, die sich überall im Gebäude finden. Wie gut Altes und Neues harmoniere können, hat Malin Köhler schon erfahren. Sie lächelt. „Ich bin hier schon auf das frühere Lateinbuch meiner Mutter gestoßen.“