Freiwilliges Engagement im Wandel: Der Paritätische Wohlfahrtsverband bietet individuelle Unterstützung beim Einsatz von Ehrenamtlichen.

Stuttgart - Sie engagieren sich bei der Hausaufgabenhilfe, unterstützen Behinderte beim Einkaufen, besuchen die Bewohner von Altenheim oder führen die Kasse in einem Verein der Selbsthilfe. Rund 40.000 ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter sind derzeit allein in den 800 verschiedenen Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Baden-Württemberg im Einsatz. Wie groß der Bedarf ist, zeigt das Beispiele der Rheumaliga. Dort sind in 70 Gruppen landesweit 2500 Ehrenamtliche tätig; etwa 450 sind es in der Aktionsgemeinschaft der Multiple-Sklerose-Kranken (Amsel).

 

"Freiwilliges Engagement ist in vielen Einrichtungen und Diensten unserer Mitglieder eine tragende Säule", erklärte Hermann Frank, der in dem Verband für die Themen "Bürgerschaftliches Engagement", "Selbsthilfe" und "Gesundheit" verantwortlich ist, bei einer Fachtagung zum Thema in Heidelberg. Der Bedarf "an helfenden Händen und mitdenkenden Köpfen" sei nach wie vor groß - nicht nur weil es seit Kurzem keine Zivildienstleistenden mehr gibt, sondern auch weil immer wieder Mitstreiter aus Alters- oder sonstigen Gründen ausscheiden, während die Aufgaben weiter zunehmen. Lesepaten, Leihomas oder Freiwillige für Nachhilfe für Kinder gebe es beispielsweise noch immer nicht genug, erklärte Frank.

Zugleich befinde sich das bürgerschaftliche Engagement seit einiger Zeit in einem tiefgreifenden Wandel, der die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege vor dem Hintergrund demografischer Veränderungen "vor gewaltige Herausforderungen" stelle. Freiwilliges Engagement habe heute nur noch wenig mit dem klassischen Ehrenamt zu tun, sagte Frank. Der "moderne Freiwillige" brauche Freiheiten bei der Gestaltung seines Engagements, er suche dabei Selbstverwirklichung und Anerkennung.

Keine Tätigkeitsvorgaben mehr

Dies bestätigte auch Ralf Baum, der in Heidelberg eine von mehreren Freiwilligenbörsen in der Rhein-Neckar-Region leitet. "Wir können Menschen, die sich engagieren wollen, nicht mehr vorgeben, welche Tätigkeit sie zu erfüllen haben. Wer zu uns kommt, sucht ein individuelles Engagement, das zu seiner derzeitigen Lebenssituation passt, und er erwartet auch, entsprechende Rahmenbedingungen vorzufinden", sagte er.

Ob dies gelinge, hänge nicht nur von der Motivation der Betroffenen ab, es liege vielmehr in der Verantwortlichkeit der Leitungen der sozialen Einrichtungen, Organisationen und Initiativen, die Freiwilligen mit ihren Fähigkeiten in richtige Arbeitsabläufe einzubeziehen, erklärte Frank. Dafür bedürfe es der entsprechenden organisatorischen Maßnahmen und einer kontinuierlichen Begleitung der Helfer von außen. Auch das gute Freiwilligenmanagement wolle gelernt sein, sagte der Verbandssprecher. Um ein gedeihliches Miteinander von haupt- und ehrenamtlichen Kräften zu erreichen, müsse man mehr als bisher in die Aus- und Fortbildung investieren.

Unterstützung will auch ein Handbuch des Verbands bieten, das sich an Verantwortliche in sozialen Einrichtungen und Diensten richtet. Es enthält Empfehlungen zur Festsetzung von verbindlichen Standards zur Arbeit mit Freiwilligen, Informationen darüber, wie man ehrenamtliche Mitstreiter gewinnen kann, wie man sie am besten begleitet und in die täglichen Arbeitsabläufe einbindet. Außerdem geht es um sozial- und arbeitsrechtliche Aspekte, die zu berücksichtigen sind.

Vielfältge Betätigungsmöglichkeiten für Alt und Jung

Statistik Die Freiwilligen, die sich beim Paritätischen Wohlfahrtsverband des Landes engagieren, sind im Schnitt fünf Stunden in der Woche für andere da. Die größte Gruppe der Helfer ist zwischen 40 und 65 Jahre alt, auf Platz zwei folgen die unter 40-Jährigen, auf Platz drei die mit über 65.

Freiwilliges soziales Jahr Seit dem Wegfall des Zivildienstes ist die Zahl der Plätze von zuvor 1500 auf fast 1900 angewachsen. Der Einsatz der jungen Leute verteilt sich nach Angaben des Verbandes ziemlich gleichmäßig auf Kinderbetreuung, Behindertenhilfe, Altenpflege und Kliniken.

Konzept Experten empfehlen den planvollen Einsatz der Freiwilligen. Die Lebenshilfe hat bereits ein landesweites Konzept erarbeitet. Wichtig sei, dass man einen verbindlichen Rahmen setze, die Freiwilligen anleite, ihnen Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten biete, sagte eine Sprecherin.