Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Noch sehr viel deutlichere Kritik kommt von der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“, die vor einem Jahr einen eigenen Gesetzentwurf für Baden-Württemberg vorgelegt hatte. Nach Galls Plänen würde der Südwesten „weit hinter die erreichten Standards der Informationsfreiheitsgesetze zurückfallen“, sagt der zuständige Experte und Greenpeace-Recherchechef Manfred Redelfs. Bei allen zentralen Kriterien sieht er „erhebliche Defizite“ – vom eingeschränkten Kreis der zur Auskunft verpflichteten Stellen über die Fülle der breiten Ausnahmeklauseln bis zu den langen Fristen und den zu erwartenden hohen Kosten für die Antragsteller.

 

Es sei unverständlich und schwer erträglich, dass ausgerechnet unter einer grün-roten Landesregierung „bei diesem Reformprojekt der Rückwärtsgang eingelegt“ werden solle, sagt Redelfs. Das Land wolle das „ohnehin ängstlich angelegte“ Gesetz des Bundes zur Basis seiner eigenen Regeln machen und diese noch zusätzlich einschränken. Damit werde das Anliegen, mehr Transparenz zu schaffen, „ad absurdum geführt“. Die Erfahrungen anderer Bundesländer sollten in Baden-Württemberg offenbar bewusst ignoriert werden, um im Sinne der Verwaltung einen möglichst restriktiven Informationszugang durchzusetzen.

Vorbild ist das Hamburger Transparenzgesetz

Kritik übt das Netzwerk Recherche auch daran, dass die Öffentlichkeit an der Debatte über das Reformprojekt nicht beteiligt werde. Das Hamburger Transparenzgesetz, das als bundesweit vorbildlich gilt, sei „unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft zustande gekommen“. In Baden-Württemberg wolle sich die Ministerialbürokratie offenbar nicht dreinreden lassen, um ein möglichst schwaches Gesetz zu bekommen. In die gleiche Kerbe schlägt nun auch der Grünen-Abgeordnete Salomon. Die breite Bürgerbeteiligung, die das Ziel des Gesetzes sei, solle es „auch schon bei der Entstehung geben“. Eine Möglichkeit dafür sei das Beteiligungsportal des Landes im Internet.