Die Arbeitnehmer in Deutschland sollen einen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich befristete Teilzeitarbeit erhalten – mit dem Rückkehrrecht in die Vollzeit. Der Gewerkschaftsbund freut sich, doch die Arbeitgeber Baden-Württemberg sehen sich wieder einmal brüskiert.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es sei ein wichtiges arbeits- und familienpolitisches Anliegen, dass Arbeitnehmer nicht gegen ihren Willen in Teilzeitarbeit verbleiben müssen, heißt es im Referentenentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für ein erweitertes Teilzeit- und Befristungsgesetz. Daher soll für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit zeitlich begrenzt reduzieren möchten, sichergestellt werden, dass sie nachher wieder zur früheren Arbeitszeit zurückkehren können. Der dieser Zeitung vorliegende Entwurf wird nun von den Ministerien abgestimmt und soll möglichst noch im Februar oder März vom Bundeskabinett abgesegnet werden. Ziel ist eine Verabschiedung bis spätestens zur Bundestagswahl im September.

 

Laut dem Statistischen Bundesamt arbeiten in Deutschland von insgesamt etwa 36 Millionen abhängig Erwerbstätigen ungefähr 10,3 Millionen in Teilzeit (Stand 2015) – zu 80,8 Prozent sind diese weiblich, zu 19,2 Prozent männlich. Bisher gibt es nur einen Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Teilzeitarbeit. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD ein Rückkehrrecht in die Vollzeit vereinbart, das nun umgesetzt wird.

Von der geplanten Neuregelung sind Unternehmen mit insgesamt mehr als 15 Beschäftigten tangiert. Unabhängig von der Größe seines Betriebs muss der Chef mit Arbeitnehmern, die ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verändern wollen, darüber reden. Wer derzeit in Teilzeit tätig ist und wieder länger arbeiten möchte, muss bei der Besetzung entsprechender Arbeitsplätze bevorzugt werden, sofern er gleich geeignet ist. Die „Darlegungs- und Beweislast“ wird mit dem Gesetz in stärkerem Maße auf den Arbeitgeber übertragen.

„Neue Ansprüche klar zu Lasten der Arbeitgeber“

Die Arbeitgeber Baden-Württemberg sehen sich ein weiteres Mal brüskiert. „Hier sollen neue Arbeitnehmeransprüche formuliert werden, die klar zu Lasten der Arbeitgeber gehen würden, für die kein Ausgleich vorgesehen ist“, sagte ein Sprecher des Verbandes. Gerade kleinere Betriebe würden mit einem hohen Organisations- und Planungsaufwand belastet. Zudem seien sie kaum in der Lage, das befristet ausfallende Arbeitszeitvolumen durch qualifizierte Ersatzkräfte auszugleichen.

Es sei ein Widerspruch, wenn die Politik zugleich mögliche Kompensationsinstrumente wie Zeitarbeit oder Befristungen „als prekär verteufelt oder weiter einschränkt“. Grotesk sei es zudem, dass die befristete Teilzeit über sehr lange Zeiträume möglich sein soll, da keine Höchstgrenze vorgesehen sei, die Zeitarbeit aber nur deutlich kürzer genutzt werden kann.

Gewerkschaftsbund: Unbefristete Teilzeit zu starr

„Das Gesetz wäre auch ein Privileg einzelner Gruppen zu Lasten anderer Beschäftigter“, sagte der Sprecher. Wenn der Arbeitgeber keinen adäquaten Ersatz finde, müssten die Kollegen dies kompensieren. Werde hingegen ein Ersatz gefunden, würde dieser wohl oft in einem befristeten Teilzeitverhältnis beschäftigt werden. „Das geplante Gesetz schafft also neue Teilzeitverhältnisse, obwohl es doch vorgibt, die Teilzeitfalle beseitigen zu wollen.“

Der Gewerkschaftsbund begrüßte den Entwurf, weil er außerhalb der Elternzeit mehr Flexibilität bringe: „Wir brauchen ein Recht auf befristete Teilzeit, das unabhängig vom Anlass gilt, damit Menschen sich Zeit nehmen können für Weiterbildung, ein Ehrenamt oder auch für Kinder“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach und mahnte die Arbeitgeber. „Wer Pinkelpausen kontrollieren kann, kann auch unbürokratisch flexible Arbeitszeiten ermöglichen.“ Unbefristete Teilzeit ohne Rückkehrrecht auf Vollzeit sei zu starr.

Antrag mindestens drei Monate vor Beginn

Laut Gesetzentwurf muss der Beschäftigte den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit mindestens drei Monate vor Beginn stellen. Das Arbeitsverhältnis muss mindestens seit sechs Monaten bestehen. Der Arbeitgeber kann nur aus betrieblichen Gründen ablehnen. Spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn muss er seine Entscheidung schriftlich kundtun – sonst gilt die befristete Teilzeit als festgelegt, wie der Beschäftigte sie wünscht. Ist er zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückgekehrt, kann er eine erneute Verringerung frühestens ein Jahr danach verlangen.