Zehntausende demonstrieren in Spanien für ein Referendum über die Monarchie. Doch die Madrider Regierung zögert nicht und segnet einen Gesetzentwurf ab, der Kronprinz Felipe den Weg auf den Thron ebnet. In zwei Wochen könnte es soweit sein.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Es hätte kaum ein treffenderes Bild dafür geben können, dass in der spanischen Monarchie auch nach der Abdankungserklärung von König Juan Carlos alles beim Alten bleibt: Am Dienstagmittag trafen sich der alte und der designierte neue Monarch, der künftige Felipe VI., bei einem militärisch-religiösen Akt im Klosterpalast El Escorial in der Nähe von Madrid. Beide trugen Uniformen des spanischen Heeres, keiner von beiden äußerte sich öffentlich über den anstehenden Stabwechsel im Königshaus.

 

Doch die Reporter hatten Gelegenheit, das erste gemeinsame Foto von König-Vater und König-Sohn zu schießen, nachdem Juan Carlos am Vortag alle Welt mit seinem Thronverzicht überrascht hatte. Schon am Montagnachmittag hatten die großen spanischen Tageszeitungen Sonderausgaben mit der Schlagzeile „Juan Carlos dankt ab“ herausgegeben, am Dienstag legten sie in ihren regulären Ausgaben noch einmal nach. Die konservative, monarchietreue Tageszeitung „ABC“ widmete dem Ereignis 91 Seiten. Fast alle Kommentatoren würdigten die Leistungen des Königs in seiner gut 38-jährigen Amtszeit und respektierten die Entscheidung, zugunsten seines Sohnes Felipe zurückzutreten.

Eine Abkehr von der Monarchie ist trotz Protesten undenkbar

Am Montagabend allerdings gingen in ganz Spanien Zehntausende auf die Straßen, um ein Referendum über den Fortbestand der Monarchie zu fordern. Auf der Madrider Puerta del Sol versammelten sich nach Angaben der Polizei 20 000 Personen und verwandelten den Platz in ein rot-gelb-violettes Fahnenmeer – die Farben der Zweiten Republik (1931–1939). „Juan Carlos hat ja seine Verdienste“, sagte Mónica, eine 43-jährige Madriderin, „aber ich verstehe nicht, warum Felipe jetzt einfach so ohne weiteres sein Nachfolger werden soll. Echte Demokratie sieht anders aus.“

Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy antwortete den Demonstranten am Dienstagvormittag: Wem die derzeitige spanische Verfassung nicht gefalle, der könne ja im Parlament eine Reform vorschlagen, „dazu haben sie alles Recht“. Nach den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen ist eine solche Reform, die ein Referendum über Monarchie oder Republik ermöglichen würde, jedoch undenkbar. Die großen Parteien stehen zur parlamentarischen Monarchie – auch wenn es unter den Sozialisten in diesen Tagen ein paar zweifelnde Stimmen gegeben hat.

Auch der Senat muss noch zustimmen

Ministerpräsident Rajoy berichtete auch, dass ihn Juan Carlos schon „vor langer Zeit“ über seine Abdankungsabsichten informiert habe. Es gebe in dieser Angelegenheit „nichts Improvisiertes“. Was nicht ganz wahr ist: Das spanische Parlament hat in den vergangenen 35 Jahren kein Thronfolgegesetz für den Fall einer Abdankung ausgearbeitet, so wie es die Verfassung von 1978 vorschreibt. Das Versäumnis soll nun in Rekordzeit nachgeholt werden. Am Dienstag segnete Rajoys Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf ab, am kommenden Mittwoch wird das Parlament darüber abstimmen, eine Woche später der Senat. Erst danach wird Felipe den spanischen Thron besteigen können. Noch ist Juan Carlos König der Spanier.