Der Schwabe Sebastian Koch ist ein oscarprämierter Schauspieler – und ein verdammt attraktiver Kerl. Beim Heimatbesuch spricht er über seine Projekte, Herausforderungen und das Leben als alleinerziehender Vater.

Stuttgart - Er sieht ziemlich gut aus. Auf Fotos und vor der Kamera kommt das nicht immer so deutlich heraus, aber Sebastian Koch ist nach wie vor ein verdammt attraktiver Kerl. Dreitagebart, schwarze Sonnenbrille, lässiger Schal und nicht die Spur eines Wohlstandsbäuchleins. Man kann sich schon vorstellen, wie die Frauen sich von ihm um den Finger wickeln lassen, zumal er einer der erfolgreichsten Filmschauspieler ist, die die Republik derzeit zu bieten hat. Seitdem er einen Oscar bekommen hat für sein Spiel in dem Film „Das Leben der Anderen“, ist Sebastian Koch auch international gefragt. Das muss man erst einmal hinbekommen.

 

Jetzt sitzt Sebastian Koch in einer Gartenwirtschaft in Stuttgart-Uhlbach und dreht sich eine Zigarette. Er ist auf Heimatbesuch. Koch ist in Untertürkheim groß geworden. Wenn er nicht gerade dreht, tingelt er manchmal mit literarischen Programmen durchs Land und kommt hin und wieder auch in den Süden. Koch wohnt schon lang in Berlin und hat nicht mehr viele Verbindungen nach Stuttgart. Dabei hat er hier die Liebe zum Theater entdeckt, weil ihn eine Freundin in Inszenierungen von Claus Peymann mitschleppte. Er spielte in einer Laienspielgruppe und lief auf Stelzen durch die Stuttgarter Königstraße. „Es war eine schöne Zeit“, erinnert er sich.

Für seine Tochter hat er eine Karrierepause eingelegt

Seine Mutter hat ihn allein großgezogen. Heute ist Sebastian Koch selbst alleinerziehender Vater. Nach der Trennung von seiner Frau wohnte seine Tochter eine Woche pro Monat bei ihm. „Vor zwei Jahren stand sie dann vor meiner Tür und wollte einziehen“, erzählt Koch. Seine internationale Karriere kam gerade in Fahrt, trotzdem beschloss er, zu pausieren und sich aufs Waschen und Kochen zu konzentrieren, auf Hausaufgabenkontrolle und Erziehungsmaßnahmen. Inzwischen ist Koch ins Filmgeschäft zurückgekehrt, Paulina ist 16 und skypt mit dem Papa, wenn der im Ausland vor der Kamera steht.

Ein erfolgreicher Schauspieler als alleinerziehender Vater – ein Thema, das die Illustrierten natürlich sofort aufgriffen. Koch schert es nicht. Er weiß, wie schwierig es ist, sich als Schauspieler, noch dazu als erfolgreicher, einen letzten Rest Intimität und Privatheit zu bewahren. „Das ist eigentlich unlösbar“, sagt er. „man kann es gar nicht handlen.“ Koch versucht es trotzdem. Er gibt selten Interviews – und ansonsten sagt er abgeklärt, „ich definiere mich nicht über die Gazetten“. In Talkshows tritt er überhaupt nicht mehr auf. „Aber wenn ich ein Projekt habe, dann muss ich, obwohl ich nicht will.“ Wenn ein neuer Film anläuft, muss er. „Aber ich hab da nicht so einen Spaß dran.“

Aber vielleicht liegt es auch daran, dass Sebastian Koch gar nicht so viel zu erzählen hat – jenseits seiner Arbeit. Im vergangenen Jahr hat er in Griechenland gedreht – gemeinsam mit Catherine Deneuve und John Cleese. Er spielt in „God loves caviar“ einen griechischen Piraten aus dem 19. Jahrhundert, der zu einem erfolgreichen Geschäftsmann wird und Kaviar in Russland verkauft – „was Bill Gates heute ist“, sagt Koch.

Das nächste Projekt: „Stirb langsam 5“

In diesem Jahr steht ein noch größeres Projekt an: Teil fünf der US-Produktion „Stirb langsam“ mit Bruce Willis. Koch hat zwar „einen großen Erfahrungsschatz“. Aber wenn solche Rollen und Projekte anstehen, wird er trotzdem noch nervös. „Es ist immer wieder Neuland“, sagt er, „und auf Englisch zu spielen ist immer noch eine große Herausforderung für mich.“

Dennoch zieht es ihn immer stärker weg vom Standort Deutschland. „Es ist alles so unberechenbar geworden wegen der Finanzierung“, sagt er. In Deutschland seien die interessanten Dinge oft jene, die keine Förderung bekämen. Am liebsten dreht er mit Briten. „Ich mag die Arbeitsweise der Engländer“, sagt Koch, „sie sind entspannt, da gibt es eine große Toleranz und Selbstverständlichkeit.“ Man müsse nicht wie hierzulande dauernd beweisen, „wer man ist, man ist einfach“. Im nächsten Jahr wird Paulina nach England auf die Schule gehen. Deshalb überlegt Koch, ob nicht auch er seine Zelte in Berlin abreißen und mit auf die Insel gehen soll.

Warum nicht? Gedreht wird ohnehin kreuz und quer auf der Welt – und Sebastian Koch ist längst in der Situation, dass er sich aussuchen kann, was er macht. „Aber ich hab’s mir immer ausgesucht, obwohl ich es mir nicht leisten konnte“, sagt er. Er weiß, dass er nicht immer bequem ist. Wenn er „den ganzen Wahnsinn“ auf sich zukommen sieht, sagt er lieber gleich Nein. „Ich bin jemand, der sich sehr einmischt, das mag nicht jeder.“ Und wenn sich im Vorfeld erweist, dass etwas nicht so klappen wird, wie er sich das vorstellt, „dann lass ich es, ich will mich einbringen“.

Klar ist für Koch: was er schon kann, das interessiert ihn nicht mehr. Er will in den Rollen etwas Neues erleben. „Einen griechischen Helden zu spielen ist aufregend“, sagt er, „da muss man hinklettern.“ Wie aber findet man die richtigen Projekte? „Ganz intuitiv“, sagt Koch und klopft sich auf den Bauch. „Ich habe eine Begabung, das zu riechen“, sagt er, „ich weiß in der Regel, was sich lohnt.“

Er träumt davon, nach England zu ziehen

So hat er auch gleich gerochen, dass die Rolle des „Seewolfs“ etwas für ihn ist. „Da war sofort eine Verbindung da zu mir“, erinnert er sich, „die Romantik und diese Brutalität; diese Mischung war unglaublich spannend zu spielen.“

Nächste Woche wird Koch fünfzig. Merkt man das? „Ja“, sagt er, „körperlich merke ich das schon.“ Aber er joggt dreimal die Woche eine Stunde. „Das Laufen tut gut. Ich fühle mich im Großen und Ganzen wohl“, sagt er. Und vor allem: „Dadurch kann ich essen, was ich will.“

Alles bestens also, zumal Koch auch keine großen Visionen oder Träume hat, außer eben, nach England zu ziehen. Vielleicht macht er irgendwann selbst mal Filme. Im Moment ist er dabei, ein Drehbuch zu schreiben. Er hat keine Traumrolle, nichts, was er unbedingt mal spielen wollte. „Es macht mir alles noch Spaß“, sagt er. „Der Beruf ist toll – und dann wird man dafür auch noch bezahlt.“

Sebastian Koch – Könner und Stratege

Sebastian Koch achtet sehr darauf, was er spielt – und was nicht. Deshalb überrascht, dass er in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung für das Fernsehen mitgemacht hat. Mit Hintergedanken: er sagte zu, um Vanessa Redgrave kennenlernen zu können, über die er die Rolle des Seewolfs bekam. Koch hat Richard Oetker und Klaus Mann gespielt und ist dafür mit Grimmepreisen ausgezeichnet worden. „Das Leben der Anderen“ bescherte ihm – neben Ulrich Mühe und dem Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck – einen Oscar. Den Deutschen Filmpreis erhielt er für die Rolle des Albert Speer.