Die Raumnot der weiterführenden Schulen in Stuttgart-Degerloch beherrschen die Diskussionen im Stadtbezirk. Die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold erklärt, wie es weitergehen muss. Es gibt aber noch weitere virulente Themen...

Degerloch - Seit 17 Jahren steht Brigitte Kunath-Scheffold Degerloch vor. Das Jahr 2017 war in dem Stadtbezirk geprägt von einigen Überraschungen und mehreren großen Themen: die Raumnot an den Schulen, der geplante Abriss der Flüwo-Gebäude oder die Fusion der Haigstgemeinde mit der Markusgemeinde. Letztere verurteilt die Bezirksvorsteherin scharf.

 
Frau Kunath-Scheffold, kaum ein anderes Thema war im Jahr 2017 so präsent wie die Schulen und deren Raumnöte. Wie ist der Stand der Dinge?
Als Bezirk haben wir der Stadt gegenüber die bestmöglichen Argumente vorgebracht. Wir haben runde Tische mit allen Beteiligten organisiert, haben die Stadträte eingeladen. In der zweiten Jahreshälfte sah es zwischenzeitlich einmal gut aus, als uns zum Schuljahr 2019/2020 Container fürs Wilhelms-Gymnasium zugesagt wurden. Leider ist die Verwaltung dann wieder zurückgerudert. Der ganze Bezirk setzt sich aber weiterhin mit allen Kräften für die Schulen ein.
Der Bezirksbeirat hat das Thema rauf- und runterdiskutiert. Wie lange wird es den Bezirk denn noch auf Trab halten?
Bislang haben wir ja noch kein Ergebnis! Es ist wichtig, diese Dinge wieder und wieder zu thematisieren, auch zum zehnten Mal. Ich spreche regelmäßig mit Frau Korn [Karin Korn] vom Schulverwaltungsamt, und ich werde sie bitten, in einer der kommenden Sitzungen des Bezirksbeirats Stellung zu beziehen.
Verstehen Sie den Unmut der Eltern, dem sie in den Sitzungen regelmäßig Luft machen?
Natürlich. Die fünf Minuten für die Bürger am Anfang der Sitzungen setze ich aus Überzeugung auf die Tagesordnung – verpflichtet wäre ich nicht dazu. Es ist mir wichtig, dass es diese Plattform gibt. Aber eine Entscheidungsgewalt haben wir nun mal nicht. Das gilt auch für die Ansiedlung der AWS in der Tränke, die die Fraktionen in Degerloch nicht wollten.
Sie sprechen regelmäßig mit den Bürgern. Spiegeln die Themen des Bezirksbeirats überhaupt die Sorgen und Nöte der Menschen wider?
Das tun sie. In Degerloch ist die Bürgerschaft sehr divers. Es gibt Menschen, die hier vorrangig leben und arbeiten. Dann gibt es sehr engagierte Leute, die sich für die Belange des Bezirks einsetzen. Da muss man sich nur anschauen, wie das mit den Flüchtlingen gelaufen ist. Integration ist in Degerloch gar kein Diskussionsthema – sie wird einfach gelebt.
Der geplante Flüwo-Neubau an der Gohlstraße wurde hingegen sehr kontrovers diskutiert.
Das ist eine unternehmerische Entscheidung, in die wir nicht eingreifen konnten und die der Gemeinderat ja auch gutgeheißen hat. Als Erfolg des Bezirksbeirats werte ich aber, dass die Flüwo zugesagt hat, die Quote für Wohnungen für geringe Einkommen freiwillig auf 30 Prozent anzuheben.
Im religiösen Leben des Bezirks tut sich derzeit einiges. So soll die Haigstgemeinde mit der Markusgemeinde im Stuttgarter Süden fusionieren.
Ich halte diesen Schritt für einen historischen Irrtum und kann ihn nicht nachvollziehen. Er widerspricht den politischen Grenzziehungen. Außerdem ist die soziale Gemeinschaft auf dem Haigst nach Degerloch hin orientiert. Der Bezirksbeirat wurde in der Sache allerdings nicht gefragt.
In der katholischen Gemeinde tut sich auch einiges: So könnte Degerloch ein Aushängeschild für Trauer- und Bestattungskultur über die Stadtgrenzen hinaus werden.
Da muss das Regierungspräsidium natürlich erst noch mitmachen – Stichwort Denkmalschutz. Grundsätzlich freue ich mich natürlich über die Entscheidung, das ist eine Bereicherung für den Stadtbezirk.
Eine offene Frage ist schon seit Jahren das Grundstück an der Felix-Dahn-Straße. Aldi hat erst kürzlich sein Interesse bekräftigt, auch die Verwaltung sieht den Bedarf eines Discounters im Bezirk. Wie geht es damit weiter und wann?
Ich gehe davon aus, dass wir Anfang 2018 im Bezirksbeirat über das weitere Vorgehen beraten können. Insgesamt ist dieses Grundstück eine große Chance für Degerloch. Einerseits sehe ich ebenfalls den Bedarf nach einem Discounter im Bezirk. Andererseits gibt es viele Dinge, die wir in Degerloch noch nicht haben: eine Demenz-WG zum Beispiel oder ein Generationenzentrum.
Was wird den Bezirk im Jahr 2018 beschäftigen?
Mir persönlich liegt viel an der Entwicklung Degerlochs neuer Mitte mit dem Haus der Kirche, das ja meine Projektidee war. Was jetzt noch fehlt, ist ein Bürgerhaus am Agnes-Kneher-Platz. Wenn das kommt, bin ich zufrieden.