Gespräche über den Tod müssen nicht schwer beladen sein – es geht auch anders, wie eine Veranstaltung im Stuttgarter Westen zeigt.

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Ein Stück selbst gemachter Kuchen, eine Tasse Kaffee und dazu ein gutes Gespräch – zum Beispiel über den letzten Urlaub, die Kinder oder auch über den Tod. Zugegeben, letzteres gehört selten zu den üblichen Konversationsthemen bei einem Kaffeeklatsch. Zeit das zu ändern, finden die Bestatterinnen Chantal Häfner und Ute Züfle.

Deshalb veranstalteten sie an diesem Donnerstag in den Räumen ihres Bestattungsinstituts an der Breitscheidstraße zum zweiten Mal das Café Tod. „Das Konzept kommt aus der Schweiz, ich habe es über eine Freundin aus Berlin kennengelernt und wollte es hier auch unbedingt machen. Unser erstes Café Tod im Juni war mit rund 60 Besuchern ein voller Erfolg“, erzählt Ute Züfle.

Im Alltag ein Tabuthema

An dem Tag kamen etwa 40 Menschen, um über eine Sache zu sprechen, die im Alltag eher als Tabuthema betrachtet wird. „Es gibt kaum Gelegenheiten, sich darüber zu unterhalten. Obwohl der Tod uns alle verbindet, denn wir müssen alle sterben. Deshalb braucht es das Café, um besser leben zu können. Nur wer sich bewusst macht, dass das Leben endlich ist, kann seine Zeit kostbar nutzen“, glaubt Ute Züfle.

Auch die Besucher seien froh, dass der Tod offen und direkt angesprochen werde. „Ich habe mal versucht das im Bekanntenkreis zu thematisieren, weil mich ein paar Fragen bewegt haben. Das wurde direkt übergangen. Das Thema wird totgeschwiegen“, erzählt eine Besucherin.

Dabei diskutiert die Runde auch ganz praktische Fragen. Ein Stuttgarter und ein Ludwigsburger wollen etwa wissen, wie man Vorsorge für die Eltern trifft. „Habt ihr eine Vollmacht?“, lautet die Frage, „das braucht man für den Notfall in jedem Alter. Schließlich kann es jeden treffen.“

Die Bestatterin hilft mit nützlichen Tipps, erklärt welche Bestattungsformen es gibt und wie die eigene Beerdigung und die anschließende Grabpflege schon vor dem Tod geplant werden können. „Sie müssen die Grabpflege vorab mit denen besprechen, die mit ihrem Tod leben müssen“, sagt Ute Züfle.

Verstorbenen für mehrere Tage im Wohnzimmer aufgebahrt

Nach einer kurzen Pause werden die Themen im Bestattungsunternehmen schließlich emotionaler. Die Besucher tauschen sich darüber aus, wie Kinder den Tod erleben. Es wird klar: Der unbeschwerte Umgang damit kann auch als Vorbild dienen. Eine Frau erzählt von ihrer Kindheit auf dem Dorf, als die Verstorbenen für mehrere Tage im Wohnzimmer aufgebahrt wurden und jeder Bewohner ihnen die letzte Ehre erwies. Sie anzufassen oder die tote Oma ein letztes Mal umarmen? Damals völlig normal.

Diese Leichtigkeit im Umgang mit dem Tod wünschen sich viele zurück. „Schließlich ist es etwa Normales,“ lautet das einhellige Fazit der Gruppe.

Zum Abschluss singen alle zusammen dann noch ein irisches Segenslied. Der Refrain „Und bis wir uns wiedersehen“ führt zu einem Austausch darüber, wie die Anwesenden ihrer Verstorbenen im Alltag gedenken. Manche zünden Kerzen an, andere singen, wieder andere unterhalten sich ab und an mit ihnen. Es ist der Moment, an dem bei manchem Besucher eine Träne im Auge glitzert. Andre blicken betreten zu Boden.

Und so wird schließlich klar: Es ist eben doch kein gewöhnlicher Kaffeeklatsch. Gespräche über den Tod können auch traurig machen. Aber darüber und die damit verbundenen Emotionen zu reden, ist immer noch besser, als das Thema zu verdrängen – oder totzuschweigen.