Bei einem Informationsabend hat der Gestaltungsbeirat Filderstadt sich vorgestellt und seine Arbeit erklärt. Beim zahlreich erschienenen Publikum war das Interesse groß. Eine Sache ist jedoch nicht gut angekommen.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filderstadt - Acht Bauvorhaben in Bernhausen, drei in Plattenhardt und drei in Bonlanden: Über 14 Bauvorhaben insgesamt hat der Gestaltungsbeirat in den anderthalb Jahren seiner Existenz beraten. Welche das genau sind, dazu durften weder die Mitglieder der Gestaltungsbeirats noch Bürgermeister Reinhard Molt etwas sagen: Bisher haben sich alle Bauherren, deren Projekte vom Gestaltungsbeirat besprochen wurden, für nichtöffentliche Sitzungen entschieden. Das kam am Dienstagabend im Publikum nicht gut an.

 

Das war zahlreich erschienen: Die Stadt hatte zu einem Informationsabend geladen, bei dem der Gestaltungsbeirat Filderstadt seine Arbeit vorstellte. Das Gremium, bestehend aus vier Architekten aus unterschiedlichen Disziplinen, berät über Neubauvorhaben, um größte architektonische und städtebauliche Qualität zu erreichen. Nicht jedes Baugesuch landet im Gestaltungsbeirat, so Matthias Schneiders, Leiter des Amts für Stadtplanung und Stadtentwicklung, lediglich solche, die aufgrund von Lage und Größe kennzeichnend für das Stadtbild sind.

„Mehr Mut auf Bauherrenseite“

Schneiders erklärte, dass die Geschäftsordnung es momentan zulasse, dass der Eigentümer selbst über die Öffentlichkeit der jeweiligen Sitzung entscheide. Man wolle niemanden „abschrecken“, bis sich das Gremium etabliert habe. Sowohl Gestaltungsbeirat wie auch Verwaltung hoffen auf öffentliche Sitzungen, damit auch die Bewohner die Arbeit des Gremiums sehen können. „Es braucht mehr Mut auf Bauherrenseite, Dinge öffentlich zu diskutieren“, sagte Molt. Ein Architekt aus dem Publikum lobte die Arbeit des Gestaltungsbeirats: „Wir wurden gut beraten, uns hat es geholfen.“ Einer Frage nach einer möglichen Einbindung von Anwohnern erteilte der Bürgermeister eine Absage. „Es ist nicht als Workshop gedacht, wo sich jeder einbringen kann.“

Molt erklärte, dass zu Beginn auch Projekte im Gestaltungsbeirat besprochen wurden, die „bereits eine gewisse Historie“ hätten, also nicht ganz am Anfang der Planung gestanden hätten, was mitunter Missfallen bei den Bauherren ausgelöst hätte. Der Gestaltungsbeirat habe das Genehmigungsverfahren aber nicht unnötig in die Länge gezogen. „Die längere Dauer ist bei großen Projekten normal“, so Molt. Auch Matthias Schneiders sagte: „Es soll natürlich mit Gestaltungsbeirat nicht länger dauern als ohne.“ Cornelia Bott, eines der Mitglieder des Gestaltungsbeirats (siehe Seite 2), merkte an, dass sie auch die gegenteilige Erfahrung gemacht habe: „Da hat die Beratung im Gestaltungsbeirat bewirkt, dass die Bauvorhaben schneller genehmigt wurden.“

„Skepsis in Anerkennung gewandelt“

Ein Bürger sprach das Gremium auf ein Gerücht an, wonach ein Mitglied des Gestaltungsbeirats an einem Bauprojekt in Filderstadt beteiligt sei. Eingangs hatte Bärbel Hoffmann, die stellvertretende Vorsitzende des Gestaltungsbeirats, erklärt, dass keiner der Architekten hier bauen werde, solange man im Gremium sitze, um einem Interessenskonflikt zuvorzukommen. Karl Haag bestätigte, dass sein Büro, Wick + Partner in Stuttgart, an dem Bebauungsplan Reutestraße beteiligt sei. Er sei trotzdem von der Verwaltung in den Gestaltungsbeirat berufen worden. „Wenn das Projekt in den Gestaltungsbeirat kommt, nehme ich nicht an den Sitzungen teil“, sagte Haag. Zukünftig werde sein Büro keine Aufträge in Filderstadt mehr annehmen.

Da in Filderstadt noch keine besprochenen Projekte in der Umsetzung sind, brachte Bärbel Hoffmann Beispiele aus ihrer vierjährigen Tätigkeit im Gestaltungsbeirat Konstanz mit. Dort ging es etwa darum, Fassaden moderner oder traditioneller zu gestalten, oder ein Sattel- statt einem Flachdach zu empfehlen, das besser zur umliegenden Bebauung passte. „In Konstanz hat sich die Skepsis in Anerkennung gewandelt“, berichtete Hoffmann. Auch Haag betonte: „Aus Architektensicht gibt es keinen Grund, das nicht zu machen. Ein Bauvorhaben muss die Umgebung besser machen, als sie es vorher war. Wenn es das nicht tut, ist es kein Gewinn für die Allgemeinheit.“ Und dieser „Mehrwert für die Gesellschaft“ müsse stets im Vordergrund stehen. „Selten ist den Bauherren bewusst, dass sie nicht nur für sich selbst bauen“, so beschrieb es Carmen Mundorff von der Architektenkammer Baden-Württemberg.

Eine Plattenhardterin meldete sich mit Folgendem zu Wort: „Es ist gut, dass es den Gestaltungsbeirat gibt, schade, dass es ihn erst so kurz gibt. Sonst wäre vielleicht einiges, was sich nicht ins Stadtbild einfügt, nicht gebaut worden.“

Was macht der Gestaltungsbeirat?

Mitglieder
Im Gremium sitzen Eckard Rosenberger als Vorsitzender, Architekt in Gerlingen, ehemals Baudezernent in Fellbach; Bärbel Hoffmann als stellvertretende Vorsitzende, Architektin aus Fellbach; Cornelia Bott, Landschaftsarchitektin aus Korntal; sowie Karl Haag, Architekt und Stadtplaner vom Büro Wick + Partner, Stuttgart. Mit dabei ist zudem jeweils ein Vertreter aus den Gemeinderatsfraktionen und dem städtischen Baudezernat.

Aufgaben
Der Gestaltungsbeirat wird bei stadtbildprägenden Bauvorhaben als beratendes, unabhängiges Experten-Gremium eingesetzt. Entscheidungsgewalt hat er keine. Baurechtsamt und Stadtplanungsamt entscheiden, welche Vorhaben im Gestaltungsbeirat besprochen werden. Bei vorhandenem Baurecht sind Beratung und Empfehlung als Anregungen gedacht. Wenn kein Baurecht vorhanden ist, so sind die Empfehlungen Gegenstand des Bebauungsplanverfahrens. „Dann gibt es eine gewisse Verbindlichkeit“, so Bürgermeister Reinhard Molt.

Sitzungsablauf
Nach einer internen Besprechung von Plänen und Modell eines Bauvorhabens gibt es eine Vor-Ort-Besichtigung, anschließend eine Präsentation durch Bauherrn oder Architekten, anschließend ist Zeit für Rückfragen des Gremiums.