Der Jubel des türkischen Nationalspielers Demiral beim Achtelfinal-Sieg über Österreich sorgt für Irritationen. Was hat es mit dem sogenannten Wolfsgruß auf sich?

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Der türkische Innenverteidiger Merih Demiral hat mit einer Geste beim Achtelfinalsieg seiner Mannschaft gegen Österreich (2:1) für eine Kontroverse gesorgt. Der 26-jährige, der beide Tore seines Teams erzielte und damit maßgeblich zum Weiterkommen beitrug, feierte einen Treffer mit dem sogenannten Wolfsgruß. Den Jubel erklärte er mit seiner „türkischen Identität“.

 

Was aber ist das überhaupt? Und warum sorgt das für Kritik?

Was ist der Wolfsgruß?

Bei der Geste werden Daumen sowie Mittel- und Ringfinger zusammengeführt, Zeigefinger und kleiner Finger werden nach oben gestreckt. Damit soll die Hand einen Wolfskopf symbolisieren. Der sogenannte Wolfsgruß ist das Erkennungszeichen der „Grauen Wölfe“ – eine rechtsnationalistische Gruppierung aus der Türkei.

Wer sind die Grauen Wölfe?

Als„Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung“ bezeichnet. Ülkücü bedeutet ins deutsche übersetzt „Idealisten“, hierzulande wird die Gruppierung vom Verfassungsschutz beobachtet. Ihr gehören schätzungsweise rund 12.000 Mitglieder an. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Wofür stehen die Grauen Wölfe?

Die Gruppe ist nationalistisch geprägt, sie hat das Ziel, ein großtürkisches Reich aller Turkvölker vom Balkan bis nach China zu gründen. Sie sind rassistisch und antisemitisch: ihre Feindbilder sind insbesondere Kurden, Armenier, Aleviten, Juden und türkischstämmige Linke.


Laut der Gesellschaft für bedrohte Völker leugnen die Grauen Wölfe auch den Völkermord an den Armeniern und anderen Christen im Osmanischen Reich im Jahr 1915. „Viele Kurden, Armenier, Aramäer, Griechen, Christen, Aleviten, Yeziden und Juden verbinden mit dem Wolfsgruß eine lange Geschichte von Mord, Vertreibung und Unterdrückung“, heißt es.

Welche Kritik gibt es am Wolfsgruß im Achtelfinale?

Mehrere Organisationen hatten sich schon im Vorfeld des Spiels für Sanktionen stark gemacht – auch für Fans, die den Wolfsgruß im Stadion zeigen. Auch in Fanzonen – und generell nach Siegen der türkischen Mannschaft bei der EM wurde er auch immer wieder von Jugendlichen gezeigt. So hatte die Gesellschaft für bedrohte Völker den europäischen Fußballverband Uefa aufgefordert, das Zeigen des Wolfsgrußes mit einem Stadionverbot zu belegen.

„Die Uefa sollte sich klar gegen das Zeigen rechtsextremer Symbole positionieren“, sagte Kamal Sido, Nahostreferent der Menschenrechtsorganisation. Es sei verständlich, dass die Fans die Erfolge ihrer Mannschaft feierten. Das Zeigen des Wolfsgrußes aber habe mit friedlichem und berechtigtem Feiern nichts zu tun und schade der Mehrheit der friedlichen Fans.

 

Wolfsgruß, Özil, Wolfstattoo

Neben Merih Demiral sorgte auch Mesut Özil für Empörung. Der ehemalige deutsche Nationalspieler postete vor dem Spiel der Türkei gegen Österreich ein Foto auf Instagram, dass ihn mit nacktem Oberkörper beim Fitness-Training zeigt. Dabei sind auf seiner linken Brust drei Halbmonde und ein heulender Wolf zu sehen - die Symbole der "Grauen Wölfe". Bereits im Mai 2018 hatte Özil für Unruhe gesorgt, als er mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan auf einem umstrittenen Foto posierte. Dafür hagelte es seinerzeit viel Kritik, es gab auch Ärger im DFB-Team. Özil selbst sprach damals von "Rassismus".