In der Coronakrise versuchen Fitnessstudios mit verschiedenen Mitteln, die Mitglieder zu halten.

Leonberg/Renningen - Nach fast einer Stunde schweißtreibender Übungen lässt Claudia ihren Kurs mit Dehnübungen ausklingen. Sie verabschiedet sich und winkt. Doch keiner winkt zurück. Der Kursraum im „Plaza Sportsclub“ Leonberg ist leer – bis auf eine Kamera. Die Mitglieder des Fitnessstudios schwitzen daheim mit, seitdem alle Sport- und Fitnesseinrichtungen seit Mitte März geschlossen sind.

 

Egal ob Videos auf Youtube, Livestreams auf Facebook und Instagram oder Konferenzschaltung via Zoom – kaum ein Studio kommt derzeit ohne Kurse per Video aus. „Man will halt seinen Bauchkurs-Trainer um 18.15 Uhr sehen wie sonst auch“, sagt Marvin Fräsdorf, Geschäftsführer der „Fitness Express Clubs“ mit Studios in Renningen, Sindelfingen, Böblingen und Stuttgart-Vaihingen. Dazu habe man ein Online-Portal mit fertigen Videos eingekauft und den Mitgliedern kostenlos zur Verfügung gestellt. „Bislang hält uns der größte Teil der Mitglieder die Stange“, freut er sich.

E-Mails mit Infos

Über treue Mitglieder freut sich auch Sybille Klosterberg-Fechner vom „Ladycircle Fitness“ in Renningen. „Ein paar Panikkündigungen gab es schon. Die meisten aber gehen gern ins Fitnessstudio und wünschen sich, dass es auch noch da ist, wenn die Corona-Beschränkungen gelockert werden“, sagt sie. Um die enge Bindung in ihrem mit 240 Mitgliedern recht kleinen Studio aufrechtzuerhalten, verschickt sie jede Woche E-Mails mit Informationen, etwa zu gesunder Ernährung oder wie man das Immunsystem stärkt, aber auch der aktuellen Corona-Situation. Dazu gibt sie jeden Abend selbst Kurse via Zoom-Meeting. Da nun Fitness- und Personal Training im Freien wieder erlaubt sind, möchte sie zusätzlich Nordic Walking anbieten. „Wenn die Kunden sich gut betreut fühlen, dann bleiben sie einem treu“, sagt Klosterberg-Fechner.

In den Startlöchern

Neben Fitnessübungen vermittelt das „Plaza“ in Leonberg auch Ernährungsinfos per Youtube-Video. „Die gibt es auch in unserer Studio-App für die Mitglieder“, erklärt Plaza-Chef Lazo Tanakopoulos. Es gebe eine große Nachfrage der Mitglieder danach. Auch habe man angefangen, kleineres Equipment für das Training daheim zu verleihen.

Lesen Sie hier: Alle News zur Corona-Pandemie

Alle Betreiber von Fitnessstudios treibt derzeit vor allem die Frage um, wann sie wieder aufmachen dürfen und vor allem unter welchen Bedingungen. „Wir stehen in den Startlöchern, wir müssen nur wissen, was getan werden muss“, sagt Marvin Fräsdorf vom „Fitness Express“. Man habe die Schließzeit genutzt für Modernisierungen. So seien jetzt alle vier Studios komplett digital. „An der Theke gibt es ein Drehkreuz, wir können alles genau steuern“, sagt er. Das „Plaza“ in Leonberg will seine Öffnungszeiten erweitern, Kurse und Trainingsstunden sollen nur noch in der eigenen App gebucht werden können.

Vielen fehlt der Kontakt

Das Fitnessstudio sei wichtig für die Mitglieder, für Körper und für Geist. „Vielen fehlt der soziale Kontakt hier“, sagt Marvin Fräsdorf. „Drei Monate nur daheim, das macht was mit einem“, sagt auch Lazo Tanakopoulos vom „Plaza“. Nicht nur mit dem Mitgliedern, auch mit den Trainern. „Die Branche ist schon vorher nicht gut bezahlt gewesen. Aber für viele Trainer ist das derzeit eine Katastrophe. Und nicht nur finanziell. Die leben Sport und Bewegung“, sagt er.

Ein klein wenig anders ist die Situation im „Pro Vitess“ in Leonberg. Denn die Hälfte des Geschäfts dreht sich um Reha. „Der Reha-Bereich ist offen geblieben. Auch wenn viele Ärzte am Anfang kaum noch Rezepte ausgestellt haben“, berichtet Thorsten Strommer, der Betriebsleiter. Den Mitgliedern des Fitnessbereichs biete man Online-Kurse über Zoom, also nur mit Einladung, an.

Tipps für den Pizzateig

In der Coronakrise habe man jedoch nicht nur das eigene Geschäft und die eigenen Mitglieder im Blick gehabt. Unter dem Titel „Unterstütze deine Region“ hat das „Pro Vitess“ vor knapp zwei Wochen eine Online-Reihe in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen gestartet. Gesunde Cocktails mixen, ein Cordon Bleu, Maultaschen oder Pizzateig zubereiten, aber auch Tipps vom Orthopädietechniker und vom Orthopäden – das Spektrum ist sehr breit. „Wir möchten das gern fortsetzen, auch wenn wir wieder aufmachen dürfen“, sagt Strommer. Von den Partnern der Reihe ist er begeistert. „Die haben ja alle aus dem Nähkästchen geplaudert. Sie alle sind in der Krise kreativ und proaktiv“, lobt Srommer. „Unternehmer kommt ja auch von unternehmen und nicht unterlassen.“