Bei Kälte verengen sich die Gefäße und der Blutdruck steigt. Wer bereits einen erhöhten Blutdruck hat, sollte ihn im Winter regelmäßig kontrollieren, empfehlen Mediziner.

Stuttgart - Erkältungskrankheiten und grippale Infekte gehören zum Winter. Doch die kalte Jahreszeit kann auch bei Herz-Kreislauf-Problemen gefährlich sein, denn im Winter müssen Menschen mit erhöhten Blutdruckwerten vorsichtig sein. Laut Björn Lemmer, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie an der Uniklinik Heidelberg, sind Herz-Kreislauf-bedingte Todesfälle im Winter 20- bis 50-fach häufiger als in den übrigen Jahreszeiten. Im Winter ist der Blutdruck nämlich deutlich höher als sonst im Jahr und trägt so zu diesen zusätzlichen Todesfällen durch Herzinfarkt und Schlaganfälle bei.

 

Für Menschen mit normalem Blutdruck ist die Kälte unproblematisch. Wer aber einen Blutdruck über dem oberen Normwert von 140/90 Millimeter Quecksilbersäule hat, sollte vorsichtig sein. In Deutschland sind das etwa 35 Millionen Menschen, schätzt die Deutsche Hochdruckliga (DHL). Bei ihnen kann der Blutdruck mehr oder weniger stark ansteigen, wenn sie sich in der Kälte aufhalten. Ganz geklärt ist das Phänomen nicht. Bekannt ist aber, dass die Herzfrequenz bei Kälte niedriger ist. Auch körpereigene Substanzen, die die Blutdruckregulation steuern, wie Stickstoffmonoxid und Endothelin, spielen eine Rolle.

Die Konzentration des Endothelins, das die Gefäße verengt und damit den Blutdruck erhöht, ist in den Wintermonaten höher als sonst. Gleichzeitig nimmt die Konzentration von Stickstoffmonoxid in den Blutgefäßen ab, das die Gefäße erweitert. Ist weniger Stickstoffmonoxid vorhanden, sind die Gefäße demnach enger. Diese chemische Verbindung wird in der Zellschicht gebildet, welche die Blutgefäße auskleidet. „Dafür sind bestimmte Enzyme nötig. Bei niedrigen Temperaturen ist ihre Aktivität verringert, was zur Folge hat, dass weniger gefäßerweiterndes Stickstoffmonoxid gebildet wird“, erklärt Ulrich Kintscher, Facharzt für Pharmakologie, Toxikologe und Innere Medizin von der Charité-Universitätsmedizin Berlin und Vorstandsvorsitzender der DHL. Folglich steigt der Blutdruck an.

Empfohlen werden flotte Spaziergänge

„Allerdings heißt das nun nicht, dass Bluthochdruckpatienten nicht mehr ins Freie sollten“, sagt Kintscher. „Aber es ist ratsam, sich warm einzupacken.“ Auch wer Schnee schippt und für die Kälte zu leicht bekleidet ist, weil er Angst hat zu schwitzen, kann ein Problem bekommen. Auf kalte Außentemperaturen reagieren die Gefäße, indem sie sich enger stellen, was den Blutfluss vermindert. Auf diese Art gelingt es dem Körper, möglichst wenig Wärme an die Außenwelt zu verlieren. Der Haken ist nur, dass auch die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels sinken. „Bei entsprechender Vorbelastung kann es sein, dass sich die Herzkranzgefäße verengen, was zur Herzenge oder Angina pectoris führt“, sagt Ulrich Kintscher.

Der Mediziner rät Hochdruckpatienten dazu, im Winter selbst regelmäßig den Blutdruck zu messen. Wenn er ansteigt, sollte man mit dem Arzt sprechen und gegebenenfalls die Dosierung der Medikamente verändern. „Treten Symptome wie Schwindel und Kopfschmerzen auf, sollten die Betroffenen möglichst zügig einen Arzt aufsuchen.“

Im Winter neigt der Mensch dazu, sich kalorienreicher zu ernähren als in wärmeren Zeiten – ein Relikt aus der Vorgeschichte der Evolution, das in der modernen Welt jedoch überflüssig ist. Übergewicht spielt aber eine wichtige Rolle bei Bluthochdruck, da das Fettgewebe Hormone produziert, die direkt den Blutdruck ansteigen lassen. Fünf Kilogramm Gewichtsabnahme senken den Blutdruck um etwa 10/5 Millimeter Quecksilbersäule. Ratsam ist es außerdem, regelmäßig flotte Spaziergänge zu machen. Dies fördert die Produktion des Stickstoffmonoxids, was die Gefäße etwas weitet.