Lärm macht krank. Die Landesregierung packt die zu hohen Dezibel-Werte an vielen Stellen an. So gilt auf immer mehr Ortsdurchfahrten Tempo 30. Dazu hofft die Lärmschutzbeauftragte, dass der Gesetzgeber die Rechte der Lärmbeschädigten stärkt.

Stuttgart - Die Landesregierung pocht auf ihre Fortschritte bei der Lärmbekämpfung. Die Opposition betont, dass Grün-Rot den Lärmschutz nicht erfunden habe. Schon vor dem Regierungswechsel sei viel in den Lärmschutz investiert worden. Hans-Martin Haller, verkehrspolitischer Sprecher der SPD und seit 2001 im Landtag, urteilt: „Ganz abgesehen vom Geld, der Lärmschutz wird nun standardmäßig gefördert, davor verlief die Förderung eher punktuell“. Das Thema sei in den letzten Jahren „höher gehängt“ worden.

 

Als einziges Bundesland hat Baden-Württemberg eine Lärmschutzbeauftragte mit Kabinettsrang, die Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne). Die nutzte gestern eine Anfrage der Landtagsfraktion der Grünen, um zu skizzieren, was getan wird, damit die Lärmpegel zurückgehen. Unstrittig ist die gesundheitsschädigende Wirkung von Krach. Hunderttausende Menschen, die an viel befahrenden Straßen und Eisenbahntrassen wohnen, werden Schallbelastungen ausgesetzt, die über den empfohlen Werten liegen. Die Gesetzeslage soll geändert werden, sodass Betroffene Anspruch auf Lärmsanierung erhalten. „Die Gesamtlärmbetrachtung soll Standard werden“, erklärte Gisela Splett.

Schienenbonus entfällt

An den Haupteisenbahnstrecken sind landesweit 190 Ortschaften stetem Lärm ausgesetzt, 86 von ihnen haben „erhebliche Lärmprobleme“. Um diese zu lindern, werden im Modellprojekt Eislingen-Salach-Süßen Praxiserfahrungen mit einem Lärmsanierungskonzept am Rande einer Bahnlinie gesammelt. Das Ziel ist, die Lärmsanierungswerte an die Grenzwerte für Aus- und Neubaumaßnahmen anzunähern. Laut Splett hat das Land maßgeblich dazu beigetragen, dass der „Schienenbonus“ künftig entfällt. Simpel gesagt lagen die Grenzwerte für die Geräuschpegel an Schienenstrecken höher als jene für den Straßenverkehr. Beim Thema Straße fällt auf, dass seit 2011 für viele Ortsdurchfahrten Tempo 30 eingeführt wurde. Auch manche Ortsumfahrung hat den Lärm in Gemeinden gemindert, auch wenn dieses Vorgehen innerhalb der Landesregierung nicht unumstritten ist. Auf Anregung des Landes kam es zu einer Bundesratsinitiative mit dem Ziel, den Lärm von Motorrädern zu senken. „Motorräder dürfen laut sein“, bedauert die Staatssekretärin.

Im Falle des Fluglärms für Menschen, die im Bereich des Stuttgarter Flughafens wohnen, verwies sie auf eine Ausweitung der Nachtflugbeschränkungen, die auch laute Propellermaschinen einschließen.

Disco-Lärm kein Thema im Landtag

Nicht zur Sprache kam in der Landtagsdebatte der „Disco-Lärm“, die nächtlichen Ruhestörungen, die vor allem junge Leute teils unter Alkoholeinfluss in den Innenstädten verursachen.

Für Gisela Splett steht längst fest, dass „Lärm eine der größten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Umweltbelastungen für den Menschen ist“.