An den Krankenkassen liegt es nicht, dass die Gesundheitskarte für Flüchtlinge im Südwesten noch nicht eingeführt ist. Sie stehen nach eigenen Angaben bereit. Doch die Koalition hat das Vorhaben erstmal auf die lange Bank geschoben.
Stuttgart - Die gesetzlichen Krankenkassen in Baden-Württemberg sind nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) bereit, Gesundheitskarten für Flüchtlinge auszugeben. „Wenn die Landesregierung die Einführung dieser Karten beschließt, werden wir mithelfen und entsprechend unserem Marktanteil von zwölf Prozent an den gesetzlich Versicherten im Südwesten Karten verteilen“, sagte TK-Landeschef Andreas Vogt der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Diese Position verträten auch die anderen gesetzlichen Kassen. „Wir sind uns da weitgehend einig.“ Die alte grün-rote Landesregierung sei nah an einer solchen Entscheidung gewesen, sei aber letztlich am Streit mit den Kommunen über die Finanzierung gescheitert.
Die Gesundheitskarte würde von Flüchtlingen in der vorläufigen Unterbringung genutzt werden. Sobald ein Asylbewerber anerkannt ist, bekommt er die volle Mitgliedschaft in einer Krankenkasse. Bislang müssen Asylsuchende und Flüchtlinge grundsätzlich vor jedem Arztbesuch beim zuständigen Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen.
Die Karte sei für Flüchtlinge und Kommunen einfacher zu handhaben, habe aber auf den Umfang der Leistung keinen Einfluss, meinte Vogt. Die Kassen könnten nicht überprüfen, wer welchen Anspruch auf welche Leistung habe. „Wir sehen uns nur als Durchgangsstation und stellen die beglichenen Behandlungskosten den Kommunen in Rechnung.“
Die grün-schwarze Landesregierung hat die noch unter Grün-Rot geplante Gesundheitskarte für Flüchtlinge jedoch ad acta gelegt. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) sagte jüngst, er wolle sich für eine bundeseinheitliche Lösung zur Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge einsetzen. Die CDU sieht die Gesundheitskarte skeptisch, weil sie einen weiteren Anreiz zur Flucht nach Deutschland darstellen könne.
In manchen Bundesländern gibt es die Karten bereits
Die SPD lehnt indes den Behandlungsschein ab. „Denn nicht ein Verwaltungsangestellter auf dem Landratsamt, sondern nur ein Arzt kann entscheiden, ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht“, sagte die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfle. Ihre Fraktion hat eine Anfrage ans Innenministerium zu dem Thema gestellt, das auch an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Landtags steht.
Nach Angaben des Innenministeriums auf die SPD-Anfrage kämen derzeit rund 92 000 Flüchtlinge im Südwesten für eine Gesundheitskarte in Betracht. Das Innenministerium verweist in seiner Antwort auf eine noch ausstehende Einigung zwischen dem Bund der Krankenkassen und den Kommunalen Spitzenverbänden über Leistungsumfang und Verwaltungskostenersatz. Die Rahmenvereinbarung solle in die Entscheidung für Baden-Württemberg einbezogen werden.
In Bremen, Berlin und Hamburg sowie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein erhalten Flüchtlinge nach Angaben des Ministeriums bereits Gesundheitskarten.