Neue Studien zeigen gesundheitliche Probleme bei Kindern und Jugendlichen. Viele davon wären durch vorbeugendes Verhalten vermeidbar, warnen Experten.

Stuttgart - Ein Viertel der Kinder in Baden-Württemberg ist körperlich chronisch krank. Das zeigt der neue Kinder- und Jugendreport der der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK). Für die Studie haben Wissenschaftler der Universität Bielefeld die Versichertendaten von fast 60 000 Unter 18-Jährigen aus dem Südwesten ausgewertet. Dabei zeigt sich: Bereits Schulkinder leiden häufig unter Rückenschmerzen oder psychischen Problemen wie Aufmerksamkeitsdefiziten – und unter krankhaftem Übergewicht.

 

„Chronische Erkrankungen können den Alltag für Kindern und Eltern erheblich beeinträchtigen“, sagt Siegfried Euerle, Leiter der DAK-Landesvertretung Baden-Württemberg. Am stärksten verbreitet sind bei den chronischen Krankheiten demnach Neurodermitis und Asthma, Heuschnupfen und entzündliche Darmerkrankungen. Auch Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen sind der Auswertung zufolge verbreitet: Beinahe jedes sechste Kind hat mindestens einmal jährlich eine entsprechende Diagnose – ab dem zwölften Lebensjahr sind sogar knapp ein Viertel der Jungen und Mädchen von diesen Problemen betroffen.

„Die hohe Zahl an Kindern und Jugendlichen, die Rückenschmerzen haben, ist besorgniserregend”, kommentiert Jan Steffen Jürgensen, Medizinischer Vorstand am Klinikum Stuttgart. Er hat beobachtet, dass solche Leiden wie auch Kopfschmerzen, Übergewicht und psychische Probleme im Verlauf der vergangenen Jahre zugenommen haben – nicht nur, weil es genauere Diagnosemöglichkeiten gebe. Dabei hingen etwa Übergewicht, Rückenprobleme und psychische Leiden häufig zusammen, sagt Jürgensen: So haben übergewichtige Kinder ein besonders hohes Risiko, etwa an einer Depression zu erkranken. Zudem könnten solche gesundheitlichen Probleme im späteren Leben weitere ernsthafte Erkrankungen nach sich ziehen. „Ein großer Anteil der gesundheitlichen Probleme bei Kindern und Jugendlichen könnte aber vermieden werden – zum Beispiel durch Impfungen, mehr Bewegung und gesündere Ernährung”, sagt Jürgensen.

Kinder sind heute körperlich deutlich weniger fit als ihre Elterngeneration

Dass Übergewicht und Rückenleiden zunehmen, führen Experten vor allem auf Mangel an Bewegung zurück. So zeigt auch eine neue Studie der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg: Kinder sind heute körperlich deutlich weniger fit und leistungsfähig als es die eigenen Eltern waren. Für das sogenannte Fitnessbarometer haben pädagogische und sportwissenschaftliche Fachkräfte in den vergangenen Jahren etwa Ausdauer, Kraft oder Koordination von Kindergarten- und Grundschulkindern mithilfe eines Motorik-Tests erhoben. „Das große Problem ist, dass Bewegung in der Gesellschaft insgesamt heute keinen großen Stellenwert mehr hat“, sagt Klaus Bös, Professor für Sportwissenschaft und Testautor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Immerhin, im bundesweiten Vergleich sind baden-württembergische Kinder etwas gesünder als anderswo in Deutschland. So erkrankten Kinder im Land seltener an Atemwegserkrankungen oder Infektionen und hatten seltener Zahnkaries als etwa in Berlin. Auch zwischen Stadt und Land zeigen sich Unterschiede. Etwas mehr als die Hälfte der Kinder im Südwesten lebt in städtischen Gemeinden. Sie leiden öfter unter einer Viruserkrankung, krankhaftem Übergewicht oder Karies - besonders dann, wenn sie aus bildungsschwachen Familien stammen. Kinder, die auf dem Land leben, haben dagegen häufiger Bronchitis, Sprachstörungen und Heuschnupfen.