Die Ernährungswissenschaftler Peter Grimm und Lena Melzer geben Ratschläge.

Kreis Esslingen - Mit einem gesunden Körper lebt es sich besser. Und dazu gehört eine ausgewogene Ernährung. Eigentlich sind das Binsenweisheiten. Doch augenscheinlich handelt ein Großteil der Menschen nicht danach. Man isst, wonach einem ist. Oftmals wider besseres Wissen, denn im Grunde sind die wichtigsten Regeln bekannt. Nur macht man sich die Folgen ungesunden Essens zu wenig bewusst. Professor Peter Grimm kämpft seit drei Jahrzehnten dagegen an. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Sektion Baden-Württemberg, bedauert, dass das Thema in den Schullehrplänen so gut wie keinen Raum einnimmt.

 

Abwechslung ist wichtig

„Dieses Wissen gehört für mich zur Alltagskompetenz“, sagt Grimm. „Es hatte schon seinen Sinn, dass man früher Kochen in der Schule gelernt hat.“ Lena Melzer kann dem nur zustimmen. Nach ihrem Master in Ernährungsmedizin gibt sie nun in Kooperation mit der AOK Seminare in stationären Pflegeeinrichtungen. In Workshops zeigt sie, wie man sich im Alter mit all seinen Begleiterscheinungen am besten ernährt und was Pflegekräfte dafür tun können. Wie kocht man gesund? Auch junge Menschen sollten sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen. Eigentlich jeden Tag. Kein schwieriges Unterfangen, wenn man sich einige Dinge immer wieder bewusst macht. Peter Grimm bringt das Ziel einer gesunden Ernährung auf den Punkt: „Wie erreiche ich ein Optimum an Prävention? Einfach gesagt: Wie kann ich gesund 100 Jahre alt werden.“ Außerdem gehe es natürlich darum, den persönlichen Nährstoffbedarf zu decken. Der hängt ab von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Krankheitsbildern und körperlichen Aktivitäten.

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Wann ist jemand übergewichtig? Der sogenannte Bodymaß-Index gibt dafür eine gute Orientierung. Die Berechnungsformel: Körpergewicht (in Kilogramm) geteilt durch Körpergröße (in Meter) zum Quadrat. Je nach Alter kann man daraus sein Idealgewicht bestimmen.

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Worauf muss man achten für eine gesunde Ernährung? Grimm nennt an erster Stelle die Vielseitigkeit. Seine Beobachtung: Vor allem junge Menschen ernährten sich heute oft sehr einseitig. Langfristig könne sich das für den Körper sehr negativ auswirken. Unter vielseitig versteht Grimm pflanzenbetont. „Wir essen zu viel Fleisch, vor allem die Männer.“ Und dafür zu wenig Gemüse. Bei Mehlprodukten solle man sich für die Vollkorn-Variante entscheiden. Wichtig seien zudem Hülsenfrüchte, weil sie ballaststoffreich seien und viele Proteine enthielten. Zudem seien sie nachhaltig im Anbau. Auf dem Speiseplan sollte ab und zu auch Fisch stehen. Ein- bis zweimal pro Woche, empfiehlt Grimm. Milchprodukte seien ernährungsphysiologisch gut, doch aus ökologischer Sicht auch kritisch zu bewerten. Lena Melzer führt die Liste fort: Möglichst naturbelassene Lebensmittel nehmen, wenig Salz, mit Zucker ebenso sparsam umgehen, Gewürze verwenden und auf Süßgetränke verzichten.

Vitaminreich und sättigend

„Die Zutaten sollten möglichst regional und saisonal sein“, erklärt Grimm. „Bio wäre schön“, aber ihm ist bewusst, dass das für den Einzelverbraucher ganz schön ins Geld gehen kann. Immer richtig liege man mit der von vielen Seiten propagierten Regel „5 am Tag“, dreimal am Tag Gemüse und zweimal Obst (siehe unteren Artikel).

Vitaminreich und sättigend

„Das klappt nicht automatisch“, sagt Lena Melzer. „Das muss man gezielt angehen.“ Schon beim Einkaufen. Die Ernährungswissenschaftlerin empfiehlt, sich zumindest einen groben Speiseplan für die ganze Woche zu machen. Das Standardfrühstück Brötchen mit Marmelade scheide schon mal aus. „Beim Mittagessen sollte Gemüse die Hauptkomponente sein, nicht Getreideprodukte oder Fleisch“, sagt Grimm. Salat ja, aber am besten als Hauptessen mit Beilagen. Bei der Auswahl von Salaten gebe es eine einfache Faustregel, erklärt Melzer. „Je intensiver die Farbe, desto mehr Nährstoffe stecken drin.“

Dass Kochen gerade bei Jüngeren vor allem seit Corona wieder in sei, freut die beiden Experten. „Schön zu sehen, dass man sich intensiver als sonst damit beschäftigt.“

Wichtig ist die richtige Zubereitung der Speisen. Man solle immer auf einen gewissen Anteil Rohkost achten, erklärt Grimm. Entscheidend sei eine schonende Zubereitung. „Man sollte die Lebensmittel nie totkochen, bis sie matschig sind.“ Denn auf diese Weise zerstöre man die Vitamine. Ratsam sei bei Gemüse eine kurze Garzeit bei möglichst niedrigen Temperaturen. Außerdem: besser dünsten als in Wasser kochen. Gesund kochen bedeute, wenig Fett zu verwenden.

Warm oder kalt? Bei dieser Frage gehen die Meinungen der Fachleute auseinander. Grimm empfiehlt täglich eine warme Mahlzeit. „Auch weil das mehr Abwechslung in den Speiseplan bringt.“ Melzer verweist auf eine oft zitierte alte Weisheit: „Das Auge isst mit.“ Es lohne sich, Zeit in die Zubereitung der Speisen zu investieren und alles schön anzurichten.

Und sie hat für alle Genießer noch einen guten Spruch parat: „Wer Essen und Trinken nur als Stillen von Hunger und Durst sieht, hat das Schönste verpasst.“