Stuttgart - Der rote Kleintransporter mit der typischen Coca-Cola-Aufschrift ist auf Auslieferungsfahrt. Doch Glasflaschen gibt es keine im Laderaum, sämtliche Getränke sind in Plastikflaschen abgefüllt. Gleichwohl investiere man verstärkt in Glasflaschen, heißt es von Seiten des Konzerns. Wie passt das zusammen?
Aufhorchen lässt in diesem Zusammenhang einer andere Nachricht: Wie gemeldet, will die Württembergischen Zentralgenossenschaft WZG die Weinpreise erhöhen – unter anderem mit dem Argument, dass Glas knapp geworden sei. Begründung: Viele Konsumenten seien im Zuge der Klimadiskussion von der Kunststoffflasche wieder auf Glas umgestiegen. Hinzu kommt, dass Bio und Vegan boomen. Und wenn Coca Cola European Partners eine „vegane Biozitronenlimonade“ mit EU-Biosiegel anbietet, kann man dieses Modegetränk schlecht in PET-Flaschen verkaufen. Das würde die Öko-Kundschaft kaum gutheißen. Auch bei konventionellen Produkten der Firma ist es für einen Teil der Kunden offenbar zunehmend attraktiv, die wiederbefüllbare Glasflasche anstatt Plastik zu wählen.
Investitionen in Mehrwegproduktion
Uwe Kleinert, Leiter Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung bei Coca Cola, betont denn auch, dass Mehrwegverpackungen ein wichtiger Teil des Sortiments bleiben werden. Mehr noch: Eigenen Angaben zufolge investiert das Unternehmen in diesem Jahr in Deizisau bei Stuttgart fünf Millionen Euro in die Mehrwegproduktion. Und in Mannheim soll bald eine neue Glas-Mehrweglinie für 30 Millionen Euro in Betrieb gehen.
Solche Engagements ändern jedoch offenbar wenig am bundesweiten Trend zu immer mehr Wegwerfflaschen. Zumindest sinkt seit Jahren die eigentlich gesetzlich festgelegte Quote von 70 Prozent für Mehrweg-Getränkeflaschen kontinuierlich. So meldete das Umweltbundesamt erst kürzlich, dass es 2017 gerade einmal 42 Prozent Mehrwegflaschen waren. Nur die klassische Bierflasche erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit: Hier liegt der Mehrweg-Anteil auch heute noch bei knapp 82 Prozent. Über alle Getränkearten hinweg werden 52 Prozent in Einweg-Kunststoffflaschen abgefüllt.
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Dabei ist die Sachlage eindeutig: Am umweltfreundlichsten ist eine leichte PET-Flasche, die mehrmals mit Inhalt befüllt wird. Danach folgen Mehrweg-Glasflaschen, die zwar schwerer sind, aber bis zu 50 Mal und damit deutlich häufiger befüllt werden können als Mehrweg-Plastikflaschen mit nur 20-maliger Befüllung. Einweg-Plastikflaschen und Getränkekartons ordnet die von der Deutschen Umwelthilfe getragene Initiative „Mehrweg. Mach mit!“ in der Rubrik „besser vermeiden“ ein. Als „nicht empfehlenswert“ werden Einweg-Glasflaschen und Dosen eingestuft – denn: „Für die andauernde Neuherstellung von Glas, Aluminium und Weißblech wird vor allem für den Schmelzprozess viel Energie benötigt“, so die Initiative.
Es kommt auch auf den Transport an
In der Praxis kommt in der Ökobilanz zur reinen Verpackung aber noch ein weiterer Faktor hinzu: der Transport. So wird der Vorteil einer Glas-Mehrwegflasche zunichte gemacht, wenn der Inhalt über eine weite Strecke herangekarrt wird. Da ist eine Einmal-PET-Flasche, die nur wenige Kilometer vom regionalen Abfüller zum lokalen Getränkemarkt unterwegs ist, zweifellos umweltfreundlicher.
Problematisch ist zudem der Trend, dass sich auch bei Mehrweg-Verpackungen immer mehr Abfüller mit individuell gestalteten Flaschen von der Konkurrenz unterscheiden wollen. Beim Bier ist die braune Einheitspulle längst einer Vielfalt an schlanken oder stumpenartigen Flaschen gewichen. Und auch beim Mineralwasser haben sich viele Abfüller von der Einheits-Perlenflasche verabschiedet. Die Folge: Bei überregionalen Produkten müssen nicht mehr nur die befüllten Flaschen über weite Strecken transportiert werden, sondern auch das Leergut. Da wird der Mehrweg-Vorteil schnell zum Öko-Nachteil.
Als Konsequenz müssen sich Kunden, die sich um die Umwelt sorgen, auch bei Getränken noch mehr Gedanken darüber machen, was sie kaufen. Wenn in der Region Getränke in Mehrweg-Glasflaschen abgefüllt werden, ist dies die beste Wahl. Noch besser – und mit Abstand am preisgünstigsten – ist nur Wasser aus dem Wasserhahn, egal ob pur oder mit CO2 aus dem eigenen Sprudler.