Rechtsanwälte streiten darum, wer der gemeinsame Vertreter ist, wenn der Turm verwertet wird.

Fellbach - Von dem Glück im Unglück, dass alle Gläubiger beim Fellbacher Gewa-Tower, die Gefahr eines Totalverlusts ihrer Investition vor Augen, an einem Strang ziehen, ist vor der vielleicht schon entscheidenden Anleihegläubiger-Versammlung an diesem Dienstag in Fellbach nicht mehr viel zu sehen.

 

Hans-Jürgen Friedrich, Vorstandsmitglied der KFM Deutsche Anleihen AG und Sprecher des Mittelstandanleihen-Fonds, hat diese Einigkeit vor einiger Zeit beschrieben. Sie sollte seinen Optimismus illustrieren, dass der schon in seiner vollen Höhe von 107 Meter, aber leider erst im Rohbau stehende Gewa-Tower und seine 66 Eigentumswohnungen in Fellbach fertig gebaut werden. Aber inzwischen müssen sich die Anleihegläubiger unter sich einig werden, wer denn diese Gemeinschaft der Gewa-Tower-Geschädigten zukünftig vertritt und das Vertrauen aller hat.

Hans-Jürgen Friedrich ist dies schon weitgehend geregelt vorgekommen, denn seine KFM und weitere institutionelle Anleger haben den Fachmann für Kapitalmarktrecht Gustav Meyer zu Schwabedissen von der Kanzlei MZS Rechtsanwälte in Düsseldorf zum Vertreter ausersehen. Wie es hieß, hat dieser schon mehr als die Hälfte des Anleihevolumens um sich geschart.

Bei der Anleihegläubiger-Versammlung droht Ärger

Bei der ersten Anleihegläubigerversammlung sollten die MZS-Rechtsanwälte mit dieser Mehrheit, aber darüber hinaus möglichst einstimmig als gemeinsamer Vertreter gewählt werden. Der Tagesordnungspunkt fehlt allerdings im Programm für die Anleihegläubigerversammlung an diesem Dienstag, 25. April, um 13 Uhr in der Schwabenlandhalle Fellbach. Das bedeutet Ärger.

In den Anleihebedingungen ist noch durch die inzwischen insolvente Projektgesellschaft Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG festgelegt worden, dass die Sicherheitstreuhänderin und Mittelverwendungstreuhänderin, die Rödl Treuhand Hamburg GmbH Steuerberatungsgesellschaft, auch gemeinsamer Gläubigervertreter ist. Deren Leiter Ralf Ellerbrok ist daher auch für die Tagesordnung der Gläubigerversammlung verantwortlich. Über den fehlenden Punkt der Wahl eines neuen gemeinsamen Vertreters sagt er: „Es hat letztlich niemand die Initiative dafür ergriffen.“

Die Aufregung, die im Vorfeld des Treffens allein dieser fehlende Tagesordnungspunkt und Beschlussvorschlag bei manchen wesentlichen Anlegervertretern hervorgerufen hat, spricht allerdings eine andere Sprache: Unter der Überschrift „Zusagen werden nicht eingehalten“ kritisiert die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in einem Rundbrief an die Geldanleger, dass „die Tagesordnung hinter dem uns bekannten letzten Verhandlungsstand zurück“ bleibt. „Es sollte nämlich auch ein Austausch des gemeinsamen Vertreters stattfinden.“

Als gemeinsamer Gläubigervertreter, der zugleich Sicherheitentreuhänderin und Mittelverwendungstreuhänderin ist, erscheint Ellerbroks Rödl Treuhand in einem Interessenkonflikt. Dass sie im weiteren Verfahren auch noch als Gläubiger-Vertreterin auftritt, wenn der Gewa-Tower verwertet wird, wirkt auf manchen Geschädigten „nicht zielführend, solange die Rolle im bisherigen Verfahren, das zur Schieflage bis zur Insolvenz der Gewa führte, nicht rückhaltlos aufgeklärt ist“. So ist es in dem SdK-Rundbrief formuliert.

Ellerbrok dagegen sagt auf Anfrage unserer Zeitung: „Ich sehe nicht den Auftrag, meine eigene Abberufung voranzutreiben.“ Seinem Rechtsanwaltskollegen Gustav Meyer zu Schwabedissen wirft Ellerbrok seinerseits nach den Gesprächen vor: „Den MZS Rechtsanwälten geht um deren Vergütung. Es kann aber nicht im Interesse der Anleihegläubiger sein, eine Pauschale von fast 100 000 Euro für die gemeinsame Vertretung zu zahlen, wenn der bisherige Vertreter dies ohne weitere Vergütung gemacht hat.“

Es gibt Interessenkonflikte der verschiedenen Parteien

Auch den Interessenkonflikt „sehe ich so nicht“, sagt Ellerbrok weiter. Als Treuhänder hatte er in der Vergangenheit nach seiner Darstellung rein formal die Aufgabe, die Mittelverwendung der Gewa-Geschäftsführung zu kontrollieren. „Wir haben geprüft, dass keine unnötigen Zahlungen freigegeben wurden und jeder freigegebene Euro in das Gebäude floss. Wir haben jede einzelne Zahlung intensiv geprüft und Unterlagen nachgeprüft. In keiner Weise waren wir für den wirtschaftlichen Erfolg der Gewa verantwortlich.“