Ein namentlich nicht genannter Geschäftsmann hat offenbar allen 44 bisherigen Käufern von Hochhaus-Apartments ein Kaufangebot unterbreitet. Insolvenzverwalter Bananyarli berichtet über ein „verbindliches Angebot“ für den Rohbau.

Fellbach - Mit einem zusätzlichen Wagnis scheint ein Investor den Gewa-Tower in Fellbach nach langen Monaten der Ungewissheit endlich kaufen und fertig bauen zu wollen. Wie der Branchendienst „Immobilienbrief Stuttgart“ vermeldet, will der namentlich unbekannte Geschäftsmann alle 66 Wohnungen auf den 34 Stockwerken des insolventen Wohnhochhauses in Fellbach erwerben und dazu auch das angrenzende fast fertige 123-Betten-Hotel. Er hat laut diesen Informationen allen 44 bisherigen Käufern der Wohnungen ein Angebot unterbreitet, das die Rückzahlung des Kaufpreises plus einen Aufschlag von fünf Prozent vorsieht. Die Notartermine finden angeblich schon in diesen Tagen statt.

 

Bestätigen wollte die Neuigkeit niemand, auch wenn manches für die Richtigkeit der Informationen spricht. Der vorläufige Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli, in dessen Händen das Schicksal des vorläufig gescheiterten Hochhaus-Projekts liegt, gibt sich wie gewohnt verschwiegen. Er bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung nur, dass er nach Gesprächen mit mehreren weiteren Interessenten derzeit „in weitergehenden, konkreten Verhandlungen“ mit einem möglichen Käufer sei. Dieser habe ein verbindliches Angebot vorgelegt. Es sei aber Vertraulichkeit vereinbart worden. Bananyarli gibt sich nach wie vor optimistisch, im Laufe dieses Jahres einen Abschluss für das 107 Meter hohe Wohnungsbauwerk in seinem gegenwärtigen Rohbau-Zustand samt dem Business-Hotel erzielen zu können.

Im November 2017 hat sich der aussichtsreichste Verhandlungspartner zurückgezogen

Der beschriebene Vorstoß unterscheidet sich stark von den Konzepten bisheriger Interessenten am Tower-Kauf, soweit diese bekannt geworden sind. Insbesondere hatten zwei ebenfalls namentlich nicht genannte Investorenfirmen eine Absichtserklärung abgegeben und monatelang intensiv mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli um einen Vertragsabschluss gerungen. Sie sind dann doch abgesprungen. Im November 2017 hat sich der aussichtsreichste Verhandlungspartner zurückgezogen, als eine zuvor unbekannte Hinweisliste des Generalunternehmers, die er als Mängelliste verstand, auftauchte. Im Frühjahr wiederum lief eine exklusive Verhandlungsfrist mit einem zweiten Investor ohne Vertragsabschluss aus. Gründe dafür wurden nicht bekannt. Beide Interessenten waren davon ausgegangen, die bereits verkauften Wohnungen für ihre Käufer fertigzustellen.

Verkauft sind im als Luxuswohnstätte beworbenen Turm derzeit 5900 Quadratmeter Wohnfläche zum Durchschnittspreis von 3774 Euro pro Quadratmeter. An Kaufpreisraten mussten die Wohnungseigner bisher rund 13 Millionen Euro leisten. Diese Summe plus einen Aufschlag in Höhe von 650 000 Euro auszuzahlen bedeutet für den Investor, ein zusätzliches Wagnis einzugehen. Denn er hat noch die Kosten von 27 Millionen Euro zu tragen, um Tower und Hotel fertigzustellen. Diese Summe hat der Tower-Architekt Jörg Wolf schon einige Wochen nach dem Baustopp und der Insolvenz des Projekts im November 2016 berechnet. Sie dürften seither gestiegen sein. Als Kaufpreis für den Rohbau aus der Insolvenz sind etwas mehr als 13 Millionen Euro im Gespräch – so lautete jedenfalls das letzte bekannt gewordene Bieterangebot. In der Summe sind das bereits etwa 54 Millionen Euro, die der Investor aufbringen muss. Dem steht ein geschätzter Wert der fertigen Immobilie in Höhe von etwa 67 Millionen Euro gegenüber.

Als Alleininhaber kann der Investor beschließen, den Tower zu verändern, bevor er ihn fertig baut, wenn auch je nach Vorhaben die Stadtverwaltung noch zustimmen muss

Der Alleineigentümer zu sein, hätte für einen Investor viele Vorteile, selbst wenn er eine Bank zur Finanzierung benötigt. Immobilienfachleute sahen bisher unter anderem deswegen für den Tower schwarz, weil sie davon ausgingen, dass sein Schicksal in einer Eigentümergemeinschaft gesteuert werden wird. Für diese verlangt das Gesetz in vielen Fragen Einstimmigkeit. Große Gemeinschaften mit wie hier 44 bis 66 Eigentümern von Wohnungen plus dem Hotelbesitzer sind oft unbeweglich, manche sogar durch einzelne Quertreiber blockiert.

Als Alleininhaber kann der Investor beschließen, den Tower zu verändern, bevor er ihn fertig baut, wenn auch je nach Vorhaben die Stadtverwaltung noch zustimmen muss. Die steht bereit: Schon in der nächsten Gemeinderatssitzung am 25. September ist der Gewa-Tower wieder einmal auf der Tagesordnung. Falls der Investor es für sinnvoll hält, könnte er einige Büros anstatt von Wohnungen schaffen, Ausstattungsmerkmale verändern und mehr. Er könnte, wie es Michael Warbanoff, der Geschäftsführer der insolventen Projektgesellschaft Gewa 5 to 1 GmbH und Co.KG, ursprünglich plante, alle fertig gestellten Wohnungen vermieten, statt sie zu verkaufen. Er könnte dann einen vollständig vermieteten Komplex mit gesicherten Mieteinnahmen institutionellen Anlegern zum Kauf anbieten. Allerdings bräuchte er alle Wohnungen in seiner Hand, damit dies Sinn macht.

Der Investor könnte mit dem Kauf aller Wohnungen und des Hotels korrigieren, was auch der gemeinsame Vertreter der Geldanleger aus der Finanzierungsanleihe, Gustav Meyer zu Schwabedissen, kritisiert: Die Gewa habe vor der Insolvenz unter Wert verkauft, um ihrem Liquiditätsengpass zu begegnen, sagte er in einem Interview dem Web-Portal „Anleihen Finder“ kürzlich. Geholfen hat das nichts.