Nach den unterbrochenen Bauarbeiten rätselt auch die Stadt Fellbach über die weitere Entwicklung des Wohnturms.

Fellbach - Kaum ein paar Tage im Amt, hat die neue Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull schon die erste Großbaustelle am Hals – zwar nicht in städtischer Verantwortung, aber doch als politisches Thema von überregionaler Bedeutung. Zudem handelt es sich um eine Baustelle, auf der zumindest derzeit gar nicht gebaut wird. Denn auf dem Gewa-Tower ruhen seit einigen Tagen die Arbeiten.

 

Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats servierte SPD-Stadtrat Harald Raß jetzt unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes seine Nachfrage zum aktuellen Stillstand und der Informationslage auf dem Rathaus. Er verwies dabei auf den Kurs der Anleihe (Gesamtsumme 35 Millionen Euro) fürs Großprojekt, der seiner Beobachtung nach am Freitag auf 75 Prozent gesunken sei, dann auf 67 und am Dienstag auf 51 Prozent, „der Werteanteil hat sich also halbiert“. Er betonte, klare Aussagen und Transparenz seien nötig, „mit Blauäugigkeit kommen wir hier nicht weiter.“ Raß’ Diagnose: „Das Risiko, dass dieser Bau tatsächlich nicht fertiggestellt wird, ist erheblich gestiegen.“

Baubürgermeisterin Beatrice Soltys: „Wir haben permanent ein Auge auf die Baustelle“

Für die Verwaltung antwortete zunächst Baubürgermeisterin Beatrice Soltys: „Wir haben permanent ein Auge auf die Baustelle“, die Arbeiten ruhten „erst seit letzter Woche“. Oberbürgermeisterin Gabriele Zull erklärte dann gleich mehrfach, dass sie umgehend Marc G. Warbanoff, den Juniorchef der Bauherrfamilie, angerufen und gebeten habe, „dass in Kürze bei mir am Tisch ein Gespräch geführt wird – damit wir auf dem Laufenden sind und wissen, was eigentlich Sache ist“. Sie selbst wisse darüber hinaus auch nichts anderes als was in den Presseveröffentlichungen stehe. „Ich kann Ihnen im Moment nicht mehr Fakten geben“, aber: „Es muss ja weitergehen.“

Im Gremium war durchaus die Sorge spürbar, wie das Projekt zu Ende gehen kann. CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth warnte allerdings vor allzu viel Spekulationen, man sei nicht Insider genug, um zu urteilen: „Läuft es wunderbar oder läuft es überhaupt nicht.“ Immerhin seien 60 Prozent der Wohnungen schon verkauft, und es sei im Interesse der Inhaber, dass das Hochhaus auch fertig gebaut wird.

„Es ist in unser aller Interesse, wenn so viel Transparenz wie möglich vorhanden ist, mit offenen Karten gespielt wird und wir möglichst schnell und umfassend informiert werden“, erklärte Fraktionschef Ulrich Lenk (Freie Wähler/Freie Demokraten). Und: „Uns braucht weniger interessieren, wie der Kurs bei der Anleihe ist und ob die Anleiher profitreich rausgehen.“ Das Objekt befindet sich seiner Einschätzung nach in einem Stadium, in dem es „in irgendeiner Weise weitergehen wird.“

Für Grünen-Fraktionschefin Agata Ilmurzynska ist wichtig, dass der Wohnturm in zufriedenstellender Form fertiggestellt wird, sonst nehme auch das Image der Stadt Schaden: „Es darf keine Turmruine entstehen, auf der am Ende oben nur noch eine Rapunzel herausguckt.“

Die Probleme um den künftigen Wohn-Wolkenkratzer werden bundesweit registriert

Die Kalamitäten um den mit 107 Metern Höhe künftig dritthöchsten Wohn-Wolkenkratzer der Republik werden mittlerweile sogar bundesweit registriert. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) titelte am Montag: „Gewa schwankt“, Untertitel: „Die Insolvenzen bei Mittelstandsanleihen gehen munter weiter“. Und: „Auch die Immobiliengesellschaft Gewa hat mit ihrem Wohnturm Probleme.“ Zwar sei nicht zu erwarten, dass es „zum Äußersten kommt“. Andererseits sei der Wohnungsverkauf in Fellbach in den vergangenen Monaten nahezu zum Erliegen gekommen. Zu den nicht verkauften Eigentumswohnungen zähle wohl auch jene 459 Quadratmeter große in der obersten Etage zum Preis von 4,5 Millionen Euro. Auch die Gerüchte, dass der aus Oeffingen stammende Fußballprofi Sami Khedira angeblich daran Interesse gehabt habe, erwähnt die FAZ – mit dem Hinweis auf einen Artikel in unserer Zeitung, in dem Seniorchef Michael G. Warbanoff dies längst dementiert hatte.

Auch im Internet wird über den Wolkenkratzer debattiert – wobei natürlich die Hochhaus-Gegner Oberwasser haben. Spitzzüngiger Kommentar eines Fellbachers: Seit er denken könne, gebe es auf diesem Areal nur Bauruinen. Ein anderer stichelt: „Früher Bauruine waagrecht, jetzt Bauruine senkrecht.“ Bleibt noch die Empfehlung eines weiteren Lästermauls: „Zur Not gäbe es da noch einen Milliardär aus den USA, der für seine Immobilien bekannt ist und der im Januar 2017 sein Amt als Präsident antritt.“ Donald Trump rettet den Fellbacher Wolkenratzer? So weit wird’s wohl doch nicht kommen.