Sauberes Wasser ist ein hohes Gut, und die Bevölkerung erwartet es. Das Abwasser wird gereinigt. Darum kümmern sich Experten.

Ammonium, Phosphat, Hormone - was sich in unseren Gewässern außer Fischen noch so tummelt, wollen wir manchmal gar nicht wissen. Doch sauberes Wasser, das wir trinken, mit dem wir kochen, spülen, duschen, gehört zu unseren täglichen Ansprüchen. Damit Abwässer nicht in Seen und Flüsse gelangen, werden moderne Technik und das Fachwissen von Experten eingesetzt. Bauingenieure, Umwelttechniker und Fachkräfte für Abwassertechnik sorgen täglich für das reine Nass. 'Wir schützen Gewässer als Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Und auch der Mensch ist auf sauberes Wasser angewiesen', erläutert Carsten Meyer vom Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Wasserrecycling an der Universität Stuttgart.

 

Das Wasser kann zu 90 Prozent gereinigt werden

Geschützt werden muss das kühle Nass vor den Einflüssen der Menschen: Rückstände von Waschmitteln, Duschgelen oder Putzmitteln gelangen in Flüsse wie auch Düngemittel und Pestizide aus der Landwirtschaft. Was über die Waschbecken abfließt, wird in Kläranlagen gereinigt, anders als Abschwemmungen von den Feldern. 'In Klärwerken können wir das Wasser beispielsweise von 90 Prozent der Phosphate reinigen. Die verbleibenden zehn Prozent können langfristig vor allem in stehenden Gewässern für die Tierwelt immer noch schädlich sein', sagt der 43-jährige Arbeitsbereichsleiter. Phosphate machen zum Beispiel die Wäsche weicher und unterliegen strengen gesetzlichen Höchstwerten, fördern aber auch das Algenwachstum, was Fischen schlecht bekommt. Weil Fachleute gebraucht werden, die Reinigungsmechanismen verbessern, entwickeln und konzeptionieren, bietet die Uni Stuttgart mehrere Studiengänge an, in denen man sich auf Abwassermanagement und Gewässerschutz spezialisieren kann.

Das Modul Siedlungswasserwirtschaft belegen Studierende in den Studiengängen Bauingenieurwesen und Umwelttechnik. Hier stehen ihnen neben den Bachelorabschlüssen Masterstudiengänge zur Verfügung. Alle Studiengänge gibt es in der internationalen Version auf Englisch. Der Bachelor hat eine Regelstudienzeit von sechs Semestern, dazu kommen vier Semester für den Master. Veronika Sattler (Name geändert) ist im ersten Semester ihres Masterstudiengangs an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Die Umwelttechnikerin hat sich für die Vertiefungsrichtung Wasserwirtschaft entschieden. 'Ich bin angehende Ingenieurin und wollte meinen Master mit technischem Wissen bestehen', erläutert die 25-Jährige, der sonst vor allem Nichttechnisches zur Spezialisierung ihres Masters zur Auswahl stand. Ihre erste Vorlesung zum Thema Siedlungswasserwirtschaft hat die Studentin gerade absolviert.

'Ich sehe im späteren Berufsleben viele Anwendungsmöglichkeiten', sagt Sattler. Die junge Frau interessiert sich hier vor allem für den Gewässerschutz, aber auch für Zusammenhänge zwischen Biologie und Technik. Carsten Meyer von der Uni Stuttgart bestätigt den Praxisbezug seiner Disziplin. 'Im Gegensatz zu etwa Mathematik oder Physik forschen wir fast ausschließlich anwendungsorientiert und arbeiten sehr eng mit den Umsetzern zusammen', erläutert Meyer. Aktuelle Ergebnisse werden schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt. 'Wir entwickeln zur Zeit vor allem im Bereich der Mikroschadstoffe neue Reinigungsmechanismen', sagt Meyer. Mikroschadstoffe, das können beispielsweise Duftstoffe in Shampoos oder hormonell aktive Stoffe sein. Diese verbleiben nach dem klassischen Reinigungsverfahren im Wasser. Das wollen aktuelle Forschungsvorhaben ändern.

Wissen ist bei dem zukunftssicheren Beruf gefragt

Voll automatisierte Prozesse in Klärwerken halten Fachkräfte für Abwassertechnik am Laufen. Die dreijährige Ausbildung vermittelt Basiswissen über biologische und chemische Prozesse, die beim Reinigen von Abwasser ablaufen. Ausgelernte prüfen Bakterienbestände und das Verhältnis von Rückständen im aufbereiteten oder zu reinigenden Wasser. Sie kennen alle Prozesse, die im Klärwerk vorkommen, und interpretieren entsprechende Messergebnisse bei Wasserproben oder automatischen Messstationen. Auch fundiertes elektrotechnisches Wissen ist bei dem zukunftssicheren Beruf gefragt. Die 700 Stunden rund um Wartung, Installation, Reparatur und Inbetriebnahme, die die Ausbildungsinhalte vorsehen, können Auszubildende beim Stuttgarter Zentrum für Elektrotechnologie absolvieren. 'Nicht alle kleinen Ausbildungsbetriebe haben Kapazität und Know-how, um ihre Lehrlinge elektrotechnisch ideal auszubilden', sagt Klaus Schumacher, Leiter des Ausbildungsbereichs Elektrotechnik beim ETZ.

Pro Jahr nutzen etwa 45 Jugendliche die freiwillige überbetriebliche Ausbildung, für deren Teilnahme sich die Ausbildungsbetriebe individuell entscheiden. 'In drei Klassen lernen jeweils 15 Schüler in der Ausbildungswerkstatt, an Montagewänden oder am Computer', sagt der 43-Jährige. Zu den Fertigkeiten gehört Pumpen austauschen, anschließen und in Betrieb nehmen sowie alle Systeme, die den Wasserfluss steuern, also beispielsweise Schleusen und Schiebersysteme in Rohren. Ein guter Haupt- oder Werkrealschulabschluss reicht zwar als Voraussetzung für den anspruchsvollen Beruf, aber hier ist die persönliche Eignung wichtiger als die Noten. Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und technisches Verständnis sollten dem nicht fehlen, der Abwassertechniker werden möchte. Und das sind neben 90 Prozent Männern mittlerweile auch zehn Prozent junge Frauen.