Gewalt gegen Frauen Über diese Zahlen darf sich leider niemand wundern

Frauen sind von häuslicher Gewalt besonders bedroht. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Eine neue Übersicht zeigt, wie groß das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen ist. Das ist eigentlich bekannt. Doch das Problem wird politisch und gesellschaftlich vernachlässigt, findet Hauptstadtkorrespondentin Rebekka Wiese.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Im vergangenen Jahr wurde im Schnitt jeden Tag eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland getötet. In zwei von drei Fällen passierte das bei ihnen zu Hause, die eigenen Wände sind für Frauen in Deutschland gefährlicher als die Straße. Häufig ging die Gewalt von Partnern oder Ex-Partnern aus. Von den mehr als 52 000 Frauen und Mädchen, die 2023 Opfer von Sexualstraftaten wurden, war mehr als die Hälfte minderjährig.

 

Diese Zahlen finden sich in einem Lagebild, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Dieser Bericht fasst erstmalig Zahlen zu Straftaten zusammen, die sich speziell gegen Frauen richten. Was sich dabei zeigt, ist erschreckend - und überrascht doch niemanden, der sich je mit Frauenfeindlichkeit, mit häuslicher Gewalt oder Sexualstraftaten beschäftigt hat. Der Schutz von Frauen hat weder gesellschaftlich noch politisch ausreichend Priorität. Das bestätigt das Lagebild erneut.

Kein großes Thema

Gesellschaftlich fehlt noch immer das Bewusstsein für das Ausmaß des Problems. Gewalt gegen Frauen ist kein Thema, das in großen Talkshows besprochen wird oder für ähnliche Aufregung sorgt wie Messerstraftaten oder Klimaaktivisten. Vergleichbare Empörung darüber gibt es höchstens, wenn die Tatverdächtigen nicht deutsch sind.

Ein weiterer Grund dafür, weshalb so wenig gegen das Problem getan wird, lag bis vor Kurzem im Bundesfinanzministerium. Die Ampelkoalition hatte eigentlich geplant, mit einem Gesetz sicherzustellen, dass Frauenhäuser verlässlich finanziert werden. Doch die FDP blockierte das Vorhaben. Es war ihr zu teuer.

Am Mittwoch will das Kabinett der Restregierung den Gesetzentwurf nun beschließen. Doch ob es im Bundestag eine Mehrheit findet, ist fraglich. Dabei müssten die längst bekannten Zahlen ein Anlass sein, das zu ändern – und das Thema endlich zu einer Priorität zu machen.

Weitere Themen