130 Kinder sind im vergangenen in Deutschland Opfer von Tötungsdelikten geworden. Grund genug für den Verband der Kinder- und Jugendärzte, ein stärkeres Vorgehen gegen Gewalt gegen Kinder zu fordern.

Berlin - Die Kinderärzte haben ein stärkeres Vorgehen gegen Gewalt und Missbrauch von Kindern angemahnt. „Tote Kinder sind die äußerste Katastrophe“, erklärte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) am Freitag in Berlin. Dem Bundeskriminalamt (BKA) zufolge starben in Deutschland im vergangenen Jahr 130 Kinder durch Tötungsdelikte. „Die meisten Todesopfer sind nicht einmal sechs Jahre alt geworden“, sagte Fischbach.

 

Tragisch seien aber auch körperliche Misshandlungen. Kinder litten oft ein Leben lang darunter, viele würden zerbrechen. „Jeden Tag werden rund 40 Kinder Opfer sexueller Gewalt, meist im familiären Umfeld“, sagte der Verbandschef. Elf Kinder würden jeden Tag schwer körperlich oder seelisch misshandelt. Trotz des seit 16 Jahren gesetzlich verankerten Rechts auf eine gewaltfreie Erziehung und auch nach Einführung des Kinderschutzgesetzes vor fünf Jahren, das unter anderem frühe Hilfen für Eltern vorsieht, sei damit lange nicht gesichert, dass Kinder und Jugendliche keine Gewalt mehr fürchten müssten. Er sei noch mehr Sensibilität nötig, „um familiäre Notlagen, die Zeichen von Gewalt und Verwahrlosung noch besser als bisher wahrzunehmen“, erklärte Fischbach.

Forderung nach einem Kinderbeauftragten

Der Ärzteverband forderte zudem erneut einen Kinderbeauftragten im Bundestag sowie eine bessere Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsämtern, Beratungsstellen und Familienhebammen mit den Kinderärzten. Dies sei heute nur in 66 Prozent aller Fälle so. Der Sprecher des Berufsverbands, Hermann Josef Kahl, erklärte, Gewalt gegen Kinder sei in Deutschland „ein ungelöster Skandal“. Bei den Ursachen stächen vor allem Armut, Überforderung, sehr junge Eltern und überwiegend männliches Affektverhalten, teils unter Alkohol, hervor.

Der Kinderschutz steht auch im Mittelpunkt des Kinder- und Jugendärztetags in Berlin. Vorgestellt werden unter anderem neue Erkenntnisse zu Anzeichen von Misshandlungen. Die Experten wollen sich auf dem von Freitag bis Sonntag andauernden Kongress auch mit dem Thema Mobbing befassen.