Ein Blick in die Statistik zeigt: Männer sind öfters Täter als Opfer. Doch es gibt auch die Fälle, in denen es andersrum ist. Betroffenen Männern fällt es oft schwer, Hilfe anzunehmen.

Stuttgart - Seit die Sozialberatung Stuttgart vor gut einem Jahr ihre Männerschutzwohnung eröffnet hat, haben dort fünf Männer Zuflucht vor ihren gewalttätigen Partnerinnen und Partnern gefunden. Betroffen sind aber weit mehr Männer. Im Jahr suchen etwa 40 Männer bei der Beratungsstelle Hilfe. „Daher waren wir sicher, dass es einen Bedarf an einer Schutzwohnung für Männer gibt“, sagt Tobias Kurrle von der Sozialberatung. Nachlassen wird dieser Bedarf so schnell nicht.

 

Männer sind häufiger Täter als Opfer

Das sieht man an der Polizeistatistik: 2014 vermeldete die Polizei in Stuttgart 485 Fälle häuslicher Gewalt, in 37 Fällen waren die Opfer Männer. Das entspricht etwa 7 Prozent. Bis 2018 nahmen diese Zahlen zu: Im vergangenen Jahr musste die Polizei 751 Mal ausrücken. Davon waren 100 Männer betroffen – also 13 Prozent der Fälle. Ursula Matschke, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, zieht daraus zwei Schlüsse: Erstens treten Männer nach wie vor deutlich häufiger als Täter denn als Opfer in Erscheinung. Aber, zweitens: „Das Thema häusliche Gewalt, auch gegen Männer, wird heute ernster genommen als früher. Die Gewalt kommt wahrscheinlich nicht häufiger vor, sondern ist sichtbarer.“

Männer nehmen seltener Hilfe in Anspruch

Diese Einschätzung teilt auch Tobias Kurrle von der Männerschutzwohnung. Männer seien grundsätzlich nicht sonderlich gut darin, sich Hilfe zu holen. „Sie tauchen in der Beratungslandschaft sehr selten auf.“ Häusliche Gewalt sei da keine Ausnahme. Außerdem fürchteten sich viele Männer, als schwach und unmännlich angesehen zu werden. „Da tut sich aber etwas“, sagt Kurrle, „diese traditionellen Geschlechterrollen sind kein so großes Problem mehr.“ Dennoch müsste weiterhin für das Thema sensibilisiert werden, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Matschke. „Gerade bei häuslicher Gewalt gibt es eine extrem hohe Dunkelziffer. Wir gehen davon aus, dass in 30 Prozent aller Familien Gewalt unter Erwachsenen vorkommt.“