Männer, die von ihren Frauen geschlagen und misshandelt werden, fühlen sich häufig allein gelassen. Die Stadt Stuttgart will jetzt Hilfe leisten.

Stuttgart - Frauen, die ihre Männer schlagen - das ist häufig ein Tabuthema. Mit einem Pilotprojekt will die Stadt Stuttgart nun aber Männer gegen Frauengewalt schützen und bundesweit das Tabu aufbrechen. Bei der Initiative „Gewaltschutz für Männer“ bekommen Männer Hilfe und Beratung, die von ihren Partnerinnen bedroht oder geschlagen werden. Auch drei Schutzwohnungen sollen eingerichtet werden, in denen Männer in Sicherheit gebracht werden können, kündigte Projektleiterin Ursula Matschke von der Stabsstelle für Chancengleichheit am Donnerstag an.

 

Bundesweit gebe es bisher nur wenig Anlaufstellen für geschlagene Männer, hieß es. Zudem würden diese meist ehrenamtlich betreut. Stuttgart plane ein Angebot mit einem festen Beratungsteam. Die Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) hat 400.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. An ein Männerhaus, wie es etwa das niedersächsische Oldenburg hat, sei nicht gedacht. Auch weil sich Männer dort aus Scham nicht hinbegeben würden, ist Matschke überzeugt.

Bundesweit nur drei Männerhäuser

Drei Männerhäusern bundesweit stünden 435 Frauenhäuser gegenüber, hieß es. Männliche Opfer und weibliche Täterinnen passten nach wie vor nicht in die vorherrschenden Rollenbilder, sagte Matschke.

Dem Stuttgarter Projekt gehe es aber nur um Enttabuisierung und nicht darum, Gewalt gegen Frauen zu verharmlosen, betonte Markus Beck, Leiter der städtischen Gewaltprävention. Nach wie vor seinen die weiblichen Opfer weit in der Überzahl: Nur in 10 bis 20 Prozent der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt müsse die Polizei dem Mann zu Hilfe eilen. Viele Fälle würden aber gar nicht gemeldet, so Matschke, da es den Männer peinlich sei, von ihrer Frau geschlagen zu werden. Zahlen zur Gewalt gegen Männer sind schwer zu bekommen.

"In allen Gesellschaftsschichten anzutreffen"

Eine Täterinnenberatung hat Stuttgart schon seit einigen Jahren. Typisch für ihre Gewalt sei, dass die Frauen meist mit einem Gegenstand zuschlagen, berichtete Jürgen Waldmann von der Sozialberatung Stuttgart. „Auffällig oft bedrohen sie den Mann mit einem Messer.“ Gewalttätige Frauen seien zudem „in allen Gesellschaftsschichten anzutreffen“.

Recht hoch dürfte laut Waldmann auch die Fälle der psychischen Gewalt sein, von der eifersüchtigen Kontrolle über die Drohung mit Kindesentzug bis zur Demütigung. Die drohende Kindesentziehung ist laut Matschke der Hauptgrund dafür, dass Männer Frauengewalt ertragen. „Es ist nach wie vor selten, dass der Mann die Kinder zugesprochen bekommt.“

Ein typisches Opfer ist Kai H., Mitte 40, zwei Kinder. Über Jahre wird er von seiner Frau bedroht, aus Eifersucht gestalkt. Sie schlägt ihn, droht sich umzubringen. Aus Angst um die Kinder bleibt er dennoch bei ihr, erträgt sie. Schließlich packt er doch die Sachen. Die räumliche Distanz entspannt die Lage. „Seine Ex schoss sich aber dann auf seine Freundin ein“, berichtete Berater Jürgen Waldmann, der den Mann mehrfach beriet. „Am Ende hatte ich das Gefühl: Jetzt weiß er, was er will.“

Auch Frank R. ist Mitte 40. Auch bei ihm sind es die zwei Kinder, die ihn bei seiner Frau halten. Der Eheberater empfiehlt die Scheidung. Seine Frau schlägt ihn - mit Gegenständen. Frank R. ist als Kind von seinem Vater geschlagen worden. Er will es anders hinbekommen, will sich nicht mit Schlägen wehren, berichtet Waldmann. Die Schläge seiner Frau werden immer heftiger. Sie sei eine Weile in der Täterinnenberatung gewesen, doch sie steigt aus. Im Internet findet Frank R. schließlich zur Männerberatung.