Mit einem rätselhaften Fall beschäftigt sich die Stuttgarter Polizei: Ein offenbar psychisch auffälliger Mann hat in einem Supermarkt in der Innenstadt Kundinnen hinterrücks angegriffen. Der Täter wurde festgenommen – von den Betroffenen aber fehlt jede Spur.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Wer sind die Frauen, die von einem offenbar psychisch auffälligen Mann beim Einkauf in einem Supermarkt angegriffen wurden? Das wüsste die ermittelnde Polizei auch gerne – doch von den Opfern fehlt jede Spur. Dank einer beherzten Zeugin konnte der 40-jährige Verdächtige dingfest gemacht werden. Der polizeibekannte Mann wurde nach der Anzeigenaufnahme wieder auf freien Fuß gesetzt.

 

Wie bei der Polizei zu erfahren war, spielten sich die Vorfälle am späten Dienstagnachmittag im Gerber, einem Einkaufszentrum an der Sophienstraße in der Innenstadt, ab. Im ersten Fall war es 17.06 Uhr, als der Mann in einem Supermarkt an einer Kundin zunächst vorbeilief – und sie dann von hinten angriff.

Die Zeugin beobachtete, wie der Täter seinem Opfer von hinten mit dem Knie in den Bereich von Po und Rücken stieß. Die Frau drehte sich nach dem Angreifer um, der 40-Jährige entschuldigte sich und ging davon. „Die Zeugin hat anschließend kurz mit der Geschädigten gesprochen“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski, „dabei aber auch nur erfahren, dass sich die beiden nicht kannten.“ Das Motiv des Angreifers blieb somit zunächst einmal vollkommen unklar.

Der Täter ist sich keiner Schuld bewusst

Um 17.26 Uhr kam es zum nächsten Zwischenfall. Der 40-Jährige nahm eine Kundin ins Visier, die ihm den Rücken zudrehte. Der Mann nahm offenbar Anlauf – und rempelte die Frau von hinten heftig an. Dabei wurde die Betroffene„nach vorne aus dem Gleichgewicht gebracht“, heißt es später im Polizeiprotokoll. „Auch hier entschuldigte sich der Täter und ging dann weg“, sagt Polizeisprecher Tomaszewski. Die Zeugin verständigt einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der den Verdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei festhielt.

Der bereits polizeibekannte Mann ist sich keiner Schuld bewusst. Dass aus den Angriffen so viel Aufhebens gemacht werde, könne er nicht verstehen, gab er zu Protokoll. „Der Mann erklärte, dass er sich schließlich entschuldigt habe“, so Tomaszewski.

Hinweise darauf, dass der Mann zu der Szene aus dem Sozialgeschädigtenmilieu am Rupert-Mayer-Platz gehört, die immer wieder mal im Einkaufszentrum augenfällig wird, hat die Polizei bisher keine. Auch dass Alkohol eine Rolle gespielt haben könnte, ist in den Akten nicht festgehalten. Allerdings ist der 40-Jährige, der in einem Wohnheim in der Innenstadt lebt, nicht zum ersten Mal wegen eines Körperverletzungsdelikts und Streitereien polizeilich aufgefallen.

Ob sich die betroffenen Frauen noch melden?

Unmotivierte Hinterrücks-Angriffe auf arglose Opfer – alles ganz normal? Offenbar findet die Treppenattacke von Berlin Ende Oktober 2016 ihre Nachahmer. Der Fall, der von Überwachungskameras aufgezeichnet und Wochen später veröffentlicht worden war, hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Später wurde ein 27-jähriger Verdächtiger festgenommen.

Einen Hinterrücks-Angriff auf eine Passantin hatte es auch Anfang Dezember im Stadtteil Hedelfingen gegeben. Einer 19-jährigen Passantin wurde laut Anzeige auf dem Heimweg von einer Stadtbahn-Haltestelle in den Rücken getreten. Die Hintergründe des Vorfalls blieben im Dunkeln – die Ermittlungen der Polizei verliefen letztlich im Sande. Auf der Suche nach einem verdächtigen Duo hatten die Beamten darauf verzichtet, Videoaufnahmen aus der Stadtbahn, mit der die 19-Jährige unterwegs war, auszuwerten.

Im aktuellen Fall bitten die ermittelnden Beamten des Polizeireviers Theodor-Heuss-Straße um Zeugenmeldungen – insbesondere von den angegriffenen Frauen. Womöglich hatte der 40-Jährige am Dienstag in der Innenstadt noch andere Personen angegangen. Hinweise werden unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 - 31 00 entgegengenommen.