Auf Stuttgarts Straßen scheint zunehmend das Faustrecht zu herrschen: Schon wieder ist ein Fahrer der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) nach einem Unfall tätlich angegriffen worden. Der zweite Fall binnen drei Tagen. Die Hintergründe sind noch unklar.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Eskaliert ist ein Stadtbahnunfall im Nordbahnhofviertel: Nachdem ein Bub am Dienstagabend von einer U 12 angefahren worden war, gingen drei Passanten auf den Stadtbahnfahrer los und schlugen auf ihn ein. Die Polizei konnte zwei tatverdächtige Männer ermitteln. Das Motiv der Attacke ist noch völlig unklar.

 

Das Unheil auf der Nordbahnhofstraße bahnte sich am Dienstag gegen 20.10 Uhr an, als eine Stadtbahn der Linie U 12 in Richtung Hallschlag auf die Haltestelle Mittnachtstraße zusteuerte. „Nach den bisherigen Erkenntnissen wollte dort ein spielender Elfjähriger über die Gleise und hat die Stadtbahn übersehen“, so die Polizei. Der 53-jährige Stadtbahnfahrer versuchte seinen 60-Tonnen-Zug zu stoppen, erfasste den Buben aber noch. Das Kind erlitt Prellungen. Durch die Gefahrenbremsung stürzten in der Bahn vier Frauen im Alter von 18, 31, 32 und 52 Jahren. Sie wurden dabei leicht verletzt.

Drei Männer greifen plötzlich an

In der Aufregung des Unfallgeschehens griffen drei Männer ins Geschehen ein. Sie gingen auf den Stadtbahnfahrer los. Der SSB-Mann wurde dabei laut Polizei geschlagen und getreten. Der 53-jährige Stadtbahnfahrer rettet sich in die Fahrerkabine und alarmierte die SSB-Leitstelle. Der Mann erlitt einen Schock. Die Polizei leitete eine Fahndung ein – und fasste bald zwei der drei Tatverdächtige. Die 41 und 47 Jahre alten Männer wurden nach Zeugenhinweisen in einem nahe gelegenen Bistro festgenommen. Von dem dritten Mann ist nur bekannt, dass er ein weißes Kurzarmhemd getragen haben soll. Gegen die Beschuldigten wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Das Motiv der Tatverdächtigen liegt im Dunkeln. „Sie haben dazu keine Angaben gemacht“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Ein Grund sei nicht erkennbar – es gebe auch keine Hinweise auf eine Beziehung zu dem Kind.

Vier Prozent mehr Gewaltdelikte bei Bus und Bahn

Erst am Sonntagabend war ein SSB-Busfahrer der Linie 44 nach einem Unfall am Gebhard-Müller-Platz beim Hauptbahnhof angegriffen worden. Ein offenbar psychisch kranker 36-Jähriger, der nichts mit dem Unfall zu tun hatte, fuchtelte mit einem in ein Tuch gewickeltes Messer herum.

Gewaltdelikte im Nahverkehr haben 2016 in Stuttgart zugenommen. Die Polizei registrierte 790 Straftaten – das ist eine Zunahme von knapp vier Prozent.