Angeklagter wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Ein so langer Bericht über die Blessuren eines Opfers sei selten, hatte der Staatsanwalt in einer Verhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung erklärt.

Fellbach - Ein so langer Bericht über die Blessuren eines Opfers sei selten, hatte der Staatsanwalt in einer Verhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung erklärt. Es dauerte mehrere Minuten, bis die Waiblinger Amtsrichterin Dotzauer den umfangreichen ärztlichen Befund vorgelesen hatte, der die zahlreichen Prellungen und Hämatome der Fellbacherin auflistete. Als Verursacher angeklagt war der Ex-Freund der 41-Jährigen, Tarek Bhiri (Name geändert). Der 40-Jährige gab zerknirscht zu, ausgerastet zu sein, lieferte aber eine Erklärung, die dem Bild des erwarteten brutalen Rohlings widersprach. Denn es war nicht zum ersten Mal zu einem Schlagabtausch zwischen den beiden gekommen, die sich seit fast 20 Jahren kennen. Und die nach Ansicht der Rechtsvertreter offenbar zwar wohl nicht mit, aber auch nicht ohne einander leben können. Dass die Fellbacherin trotz ihrer zarten Statur kein sanftes Reh ist, bewiesen ihre Vorstrafen wegen Körperverletzung, Widerstands und Rauschgifthandels. Aber auch der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt. Bereits acht Mal stand er wegen zum Teil einschlägiger Straftaten vor Gericht.

 

Auch im zu verhandelnden Fall seien die ersten Attacken von der jungen Frau ausgegangen

Seine Ex-Freundin sei sehr eifersüchtig, erklärte Tarek Bhiri. Wenn er sie besuche, komme es regelmäßig zum Streit. Dann schließe sie die Türe ihrer Wohnung ab, verstecke den Schlüssel im BH und greife zu einer Waffe. Oft genug habe er blaue Flecken davongetragen, sagte der Angeklagte. Auch im zu verhandelnden Fall seien die ersten Attacken von der jungen Frau ausgegangen. Sie habe ihn beleidigt und mit einem Besenstiel auf ihn eingeprügelt. Er habe dann irgendwann angefangen sich zu wehren – und schoss dabei weit übers Ziel hinaus: Bhiri verprügelte die Frau seinerseits mit dem Besenstiel, traktierte sie mit Tritten am ganzen Körper und würgte sie zwei Mal bis fast zur Bewusstlosigkeit. Wie es zu dieser Eskalation gekommen sei, könne er nicht erklären, aber er bereue seine Tat, sagte der geständige Angeklagte.

Angefangen hatte der Streit wohl wegen des LSD-Konsums von Tarek Bhiri. Der 40-Jährige negierte zwar zunächst ein Drogenproblem, weil er wegen eines vorausgegangenen Rauschgift-Urteils noch unter Bewährung stand. Doch für Amtsrichterin Dotzauer war klar, dass es ohne LSD nicht zu diesem Ausrasten gekommen wäre. „Das war Spitz auf Knopf“ erklärte die Vorsitzende, „ihre Ex-Freundin hätte auch tot sein können.“

Der Angeklagte muss umgehend eine Suchtberatung aufsuchen

Sie legte dem Angeklagten mehrfach nahe, sich seinem Drogenproblem zu stellen. Und vom Opfer wollte sie „als blitz-biederer Mensch“ wissen: „Warum beenden Sie die Beziehung nicht?“ Denn die junge Frau hatte Tarek Bhiri, der am nächsten Morgen kam, um sich zu entschuldigen, prompt wieder in ihre Wohnung gelassen. Und auch seit dem Vorfall im Februar hat sich das „On-und-off-Paar“ öfter getroffen.

Angesichts des Umfangs und der Schwere der Verletzungen – die Frau war drei Wochen krank geschrieben – verurteilte die Vorsitzende den 40-Jährigen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährungsauflagen: Der Angeklagte muss umgehend eine Suchtberatung aufsuchen und sich intensiv um eine ambulante Therapie kümmern. Sie entließ den Täter mit einer dringenden Warnung: „Wenn die Frau noch einmal mit Verletzungen zur Polizei geht, geht alles die Hecke runter.“