Auf den für die Ansiedlung von Firmen vorgesehenen Flächen zwischen Siemensstraße und Fellbacher Bahnhof will ein unter Schutz stehendes Vogelpaar möglicherweise Nachwuchs großziehen. Die Stadt sieht keinen Grund für einen Baustopp.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Der Vogelschutz soll die laufenden Erschließungsarbeiten auf neuen Gewerbeflächen beim Fellbacher Bahnhof nicht aus dem Takt bringen. Obwohl in diesem Bereich möglicherweise Rebhühner mit der Brut beginnen, will sich die Stadt nicht auf einen Baustopp bei den 1,7 Millionen Euro teuren Arbeiten einlassen. Das hat die Rathaussprecherin Sabine Laartz nach Rücksprache mit dem Stadtplanungsamt mitgeteilt.

 

Kleine Getreideäcker und bisher noch vorhandene Heckenstrukturen bieten Unterschlupf

Auslöser der Nachfrage waren verschiedene Fotos und Videoaufnahmen, die dem Vogelkundler Michael Eick in den vergangenen Tagen südlich der Siemensstraße gelungen sind. Deutlich zu sehen ist auf den Bildern, dass sich ein Rebhuhnpaar für das vom Ackerland zum Bauplatz umgewidmete Areal interessiert – und die Brache möglicherweise als Brutplatz für die Aufzucht ihrer Küken nutzen will.

Für den beim Fellbacher Naturschutzbund engagierten Biologen ist es wenig verwunderlich, dass sich die Rebhühner mehr für die Brache als für benachbarte Felder mit Folienspargel interessieren. Kleine Getreideäcker und bisher noch vorhandene Heckenstrukturen bieten Unterschlupf, weil das Gebiet sich durch beste Versteckmöglichkeiten auszeichne, deshalb schließt Michael Eick auch nicht aus, dass sich noch ein zweites Rebhuhnpärchen ansiedelt. Er erwartet, dass die Brutsaison unmittelbar bevorsteht und hat deshalb sowohl die Stadtverwaltung als auch das Aktionsbündnis für den Rebhuhnschutz schriftlich über die Entdeckung informiert.

Die Reviersuche der Rebhühner könnte für die Stadt zur Unzeit kommen

Außerdem weist der Naturschützer darauf hin, dass in dem Bereich westlich der Philipp-Reis-Straße während der Brutsaison weder Rodungen noch weitere Maßnahmen zur Baufeldräumung stattfinden dürfen. „Ich bitte dies umgehend an die an den Arbeiten beteiligten Firmen mitzuteilen, da die Brutsaison auch wegen der sehr milden Witterung unmittelbar bevorsteht“, sagt Eick. Andere Arten hätten bereits mit der Aufzucht ihres Nachwuchses begonnen – so auch die in dem Gebiet offenbar zahlreichen Feldsperlinge.

Die Reviersuche der Rebhühner könnte für die Stadt zur Unzeit kommen. Denn eigentlich wollten die Planer die Baustelle bis zu den Sommerferien fertiggestellt haben. „Wegen Corona mussten wir neu takten“, sagte Harry Forch vom Tiefbauamt jüngst, als es bei einem Ortstermin um die Abwassersysteme im Untergrund ging.

Bisher freilich geht das Stadtplanungsamt auch gar nicht davon aus, dass die Bauarbeiten eingeschränkt werden müssen

Wichtig ist der Stadt auch mit Blick auf die ansiedlungswilligen Unternehmen, dass es bei der Erschließung keine langwierigen Verzögerungen gibt. Letzter Akt der Arbeiten soll voraussichtlich im Juli die Installation einer neuen Ampelanlage sein, die die Zufahrt von der Siemensstraße ins neue Gewerbegebiet regelt – ein möglicherweise auf der Fläche brütendes Rebhuhnpaar stand nicht im Programm.

Bisher freilich geht das Stadtplanungsamt auch gar nicht davon aus, dass die Bauarbeiten eingeschränkt werden müssen. „Derzeit gibt es leider noch keine Erkenntnisse, ob und wo genau sich das Vogelpärchen niedergelassen hat“, heißt es in einer Antwort auf die Frage nach den Folgen der Rebhuhn-Fotos. Die Stadt will von einem Gutachter prüfen lassen, ob die geschützte Vogelart tatsächlich in dem Bereich brütet, die Analyse werde ihre Zeit brauchen. „Nach dem Ergebnis des Gutachtens richtet sich das weitere Vorgehen“, teilen die Planer mit. Immerhin zeigten die Vogel-Fotos, „dass sich die Bemühungen um den Rebhuhnschutz in Fellbach auszahlen“.