Vor dem Stadthaus in Ostfildern machen Streikende im öffentlichen Dienst auf ihre Forderungen aufmerksam. Kinderbetreuung und Pflege waren betroffen.

Mehr als 100 Mitarbeiter der Stadtverwaltung Ostfildern haben sich am Dienstag vor dem Stadthaus im Scharnhauser Park zu einer Streikkundgebung versammelt. Mitarbeitende der Stadtverwaltung und der Medius-Kliniken beteiligten sich an eintägigen Warnstreiks im öffentlichen Dienst im Kreis Esslingen. „Es geht um gerechtere Bezahlung und um Freizeit“, sagte Benjamin Stein, Bezirksgeschäftsführer der Gewerkschaft Verdi Neckar, Fils und Alb.

 

Später machte der „Streikzug“, wie Stein es nannte, auch in Plochingen, Nürtingen und Kirchheim Station. Stein war mit den Teilnehmerzahlen sehr zufrieden. In Nürtingen demonstrierten 200 Streikende. „Unter jungen Menschen ist die Bereitschaft zum Streik gerade jetzt groß.“ Morgen ziehe man weiter in den Zollernalbkreis, dann nach Tübingen und Reutlingen. Vor den Tarifverhandlungen am 17. und 18. Februar wollen die Gewerkschafter sichtbarer werden.

Ein Schwerpunkt des Arbeitskampfs waren die Medius-Kliniken im Kreis Esslingen an den Standorten in Ruit, Kirchheim und Nürtingen. „Im Klinikbetrieb kam es durch den Streik zu leichten Einschränkungen“, zog der Pressesprecher Jan Schnack Bilanz. „Trotz des Streiks konnten wir wie geplant die neue Zentrale Notaufnahme in Nürtingen in Betrieb nehmen.“ Aufgrund des Streiks musste ein Teil der geplanten Operationen verschoben werden, da auch OP-Säle geschlossen wurden. Der Klinikbetrieb sei aber „ohne große Einschränkungen“ weitergelaufen. „Bei uns in Ostfildern sind die Schulkindbetreuung und einige Kindertagesstätten betroffen“, sagte Tanja Eisbrenner, die Sprecherin der Stadt.

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei es unverzichtbar, die Jobs im öffentlichen Dienst möglichst attraktiv zu halten, so Benjamin Stein bei der Kundgebung auf dem Stadthausplatz in Ostfildern. Deshalb fordern die Gewerkschaften zusätzliche freie Tage, um etwas die hohen Belastungen in der Kinderbetreuung, in der Pflege oder beim Bauhof etwas auszugleichen. Dass die Tarifverhandlungen in den vergangenen Jahren „nicht einmal dazu geführt haben, die Inflation auszugleichen“, das ist für Benjamin Stein eine bittere Pille. Gerade im öffentlichen Dienst seien die Gehälter vielfach zu niedrig. Es müsse nachgebessert werden.

Verdi-Bezirksgeschäftsführer Benjamin Stein vor dem Stadthaus. Foto: Ines Rudel/Ines Rudel

Bei der zentralen Kundgebung auf dem Stadtplatz im Scharnhauser Park machten die Mitglieder der Gewerkschaft mit gelben Warnwesten und mit Fahnen auf ihre Anliegen aufmerksam. Trillerpfeifen zogen auch Zaungäste an. Mitarbeitende aus unterschiedlichen Branchen tauschten sich bei klirrender Kälte über ihre Arbeitsbedingungen aus. „Im Augenblick sind wir noch in der Warnstreik-Phase“, sagte Benjamin Stein. Bisher ist aus seiner Sicht im Vorfeld der Tarifverhandlungen nicht zu erkennen, „dass sich die Arbeitgeber bewegen“. Dann werde man weiter streiken, kündigte der Bezirksgeschäftsführer schon jetzt an.

Diese Strategie begrüßt eine Gruppe junger Pflegekräfte, die sich mehr Anerkennung für ihren Beruf wünscht. „Es muss in die Köpfe der Menschen rein, dass wir mehr als die ‚Arschabwischer’ sind“, sagt eine junge Frau. Da sieht sie die Politik in der Pflicht, die aus ihrer Sicht versagt habe. Ihre Kollegin berichtete sogar von Patienten, die gewalttätig gegen die Pflegekräfte geworden sind. „Unser Gehalt ist auch nicht gerade üppig, wenn man bedenkt, wie hart wir in der Pflege arbeiten.“ Den jungen Pflegekräften geht es darum, „dass unsere Arbeit attraktiver wird.“