Das Gesetz zur Tarifeinheit im Betrieb verschärft die Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften. Die IG Metall schafft nun Fakten bei den Autoherstellern im Bereich der industriellen Dienstleistungen. Denn auch Verdi organisiert dort Logistikbetriebe.

Stuttgart - Die IG Metall schafft Fakten, bevor sich die Bundesregierung mit dem geplanten Gesetz zur Tarifeinheit im Betrieb in ihre Arbeit einmischt. Das Gesetz könnte die Zuständigkeiten der Gewerkschaften in den Unternehmen beeinflussen. Somit hat der BMW-Betriebsrat dem künftigen Vorstandschef Harald Krüger abgerungen, dass der Autobauer an den Standorten Dingolfing und Regensburg nur noch Logistikdienstleister beschäftigt, die einen Tarifvertrag mit der IG Metall abgeschlossen haben. Künftig gilt im Prinzip das Lohnniveau, das BMW den Leiharbeitern zahlt: der Metalltarif ohne betriebliche Zuschläge. Die niedrigeren Entgelte der Logistikbranche wären dort nun tabu.

 

Bereits im Umfeld des Leipziger Werks hat die IG Metall ein dichtes Netz an Haustarifverträgen für die Werkvertragsfirmen geknüpft. Dennoch hat die neue Grundsatzvereinbarung Vorbildcharakter: Entsprechende Regeln sollen mit allen großen Fahrzeugherstellern verabredet werden – auch für die industriellen Dienstleister etwa von Porsche in Zuffenhausen und Leipzig. Eine Lösung steht noch aus. Bei Daimler war die IG Metall schon im Vorjahr nah am Abschluss, dann wollte der Vorstand lediglich das Flächentarifvertragsniveau im Speditionsgewerbe anerkennen – während die Gewerkschaft das Leiharbeitsniveau von Daimler als Verhandlungsbasis vorgeschlagen hat. Neue Gespräche laufen.

Streit um die Tarifeinheit

Diese Bemühungen sollen nicht ein Tarifdumping verhindern – sie dienen auch dem Ziel, die Gewerkschaftskonkurrenz Verdi außen vor zu halten, die ihrerseits Tarifverträge für das Speditionsgewerbe abschließt und sich damit zunehmend für die sogenannte Kontraktlogistik zuständig sieht. Speziell in der Frage, wer die Beschäftigten der Dienstleister auf dem Werksgelände organisiert, sieht die IG Metall wegen der sich wandelnden Arbeitsabläufe Handlungsdruck. Sie hofft, auch im Sinne der Unternehmen zu agieren, damit diese nicht von ständig neuen Tarifkonflikten gestört werden. Wenn nach dem Warnstreik der IG Metall beim Autobauer die Arbeitsniederlegung von Verdi beim Logistiker folgt, steht das Fließband gleich zweimal still.

Das Gesetz zur Tarifeinheit könnte die Zuständigkeiten neu regeln, weil im Betrieb jeweils die Gewerkschaft mit der Mehrheit der Mitglieder den Vorrang erhalten soll. Ein heißes Eisen: Verdi bekämpft das Gesetz als Attacke auf das Streikrecht. IG-Metall-Vize Jörg Hofmann verteidigt die Zustimmung seiner Organisation: „Wir sehen im vorliegenden Gesetzentwurf keinen Eingriff ins Streikrecht“, sagt er der StZ. Dieser sei aber nur „durch aktives Einmischen in die Politik“ verhindert worden. Ohne die IG Metall würde nun mehr oder weniger der alte Gesetzesvorschlag von Gewerkschaftsbund und Arbeitgebervereinigung diskutiert werden, mit verschärften Regeln zur Friedenspflicht. „Der aktuelle Stand ist besser als das, was DGB/BDA vor fünf Jahren auf den Tisch gelegt haben, und er entschärft die Debatte, die jetzt vom CDU-Wirtschaftsflügel und der CSU aufgebracht wird, denen es explizit um Eingriffe ins Streikrecht geht.“