Gieß-Appell an Stuttgarter Bäume kämpfen ums Überleben

Am Donnerstag wurden 100 Gießkannen verteilt, damit Bürgerinnen und Bürger Straßenbäume gießen können. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Weil das Gartenbauamt beim Gießen der Bäume an Grenzen kommt, sind nun die Bürger aufgefordert zu helfen. Um der Sache Rückenwind zu geben hat eine Initiative in der City 100 Gießkannen verschenkt.

Stuttgart - Die Natur lechzt nach Wasser, auch wenn am Donnerstag einige Regentropfen vom Himmel fielen. Die Hundstage setzen der Flora zu, Bäumen sieht man die Dürre an. „Der Zustand der Stadtbäume ist katastrophal“, sagt Gerhard Pfeifer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und zeigt auf ein paar schmalbrüstige Robinien in der Stiftstraße. Die großen Bäume würden den dritten Hitzesommer in Folge noch einigermaßen verdauen, erklärt er, da ihre Wurzeln tiefer ins Erdreich greifen, aber die mittleren und kleinen Bäume leiden.

 

Das städtische Gartenbauamt tut daher, was es kann. „Aktuell werden rund 10 000 Straßenbäume je nach Bedarf gegossen oder über sogenannte Bewässerungssäcke mit Wasser versorgt“, sagt eine Sprecherin des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes. Kleinere Fahrzeuge seien bereits zur Bewässerung im Einsatz. Bis im vergangen Jahr waren es insgesamt 16 solcher Gießfahrzeuge unterwegs. Aber weil das längst nicht ausreicht, wird die Zahl nächstes Jahr Schritt für Schritt auf 24 Fahrzeuge erhöht. „Aktuell beträgt die Wasserkapazität aller Fahrzeuge insgesamt 60 000 Liter pro Tag“, heißt es aus dem Gartenbauamt, „mit den neuen Fahrzeugen erreichen wir eine Gießleistung von 90 000 Litern pro Tag.“ Und: „Wir haben die Gießperiode von sechs Monaten auf neun Monate verlängert und sind dabei, Schichtbetriebe einzurichten.“

Viele Liter verdunsten

Dennoch reicht der Einsatz in solchen Hitzeperioden nicht aus. In extremen Sommern stößt das Amt an seine Grenzen. Daher unterstützt sogar die Stuttgarter Feuerwehr das Amt an besonders gefährdeten Standorten und hilft gießen. Matthias Holzmann, Leiter der städtischen Abteilung Forsten und Service-Betriebe, zeigt an einem Beispiel, wie groß der Wasserbedarf sein kann: „Gerade im Sommer benötigen Bäume viel Wasser. So verdunstet beispielsweise eine Winterlinde über 100 Liter Wasser pro Tag.“

Volker Schirner, Chef des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes, appelliert daher auch an die Stuttgarter Bürger: „Unterstützen Sie uns. Wenn Sie einen Straßenbaum vor Ihrem Haus oder Ihrem Geschäft haben, dann versorgen Sie ihn an heißen Tagen mit Wasser. Selbst ein paar Eimer am Tag können hier schon einiges bewirken.“

Auf diesen Zug springen nun mehrere Organisationen auf: Die Stiftung Stuttgarter Brünnele, der BUND, die Stiftung Geißstraße, die Bürgerinitiative Wald und Veronika Kienzle als Bezirksvorsteherin Mitte haben spontan eine konzertierte Aktion ins Leben gerufen. Am Donnerstagmittag verteilten die Aktivisten an der Ecke Markt-/Sporerstraße 100 Gießkannen an Stuttgarter Bürger. Die symbolische Aktion soll Bürger dazu ermuntern, mitzugießen. „Jeder Baum ist Gold wert“, sagt Pfeiffer, der hofft mit Gießkannen, die Sensibilität der Menschen für das Stadtgrün zu erhöhen. Ins gleiche Horn stößt OB-Kandidatin Veronika Kienzle (Grüne): „Gerade in unserer Stadt, wo die Häuser die Hitze speichern, sind Stadtbäume wichtig und unverzichtbar. Diese extreme Hitze bedroht ihr Leben.“ Sie bittet daher darum, „seinem Lieblingsbaum in der Nachbarschaft früh morgens oder abends mit mehreren Kannen oder Eimern Wasser zu helfen.“ Auch der Verein Pro Stuttgart, der Baumpatenschaften verwaltet und organisiert, appelliert an die Bürger und stellt Bewässerungssäcke zur Verfügung.

Es wird zu schnell gefällt

Für Gerhard Pfeifer indes werden nun auch seine Ahnungen wahr. Aus seiner Sicht geht Stuttgart zu sorglos mit Baumfällungen um: „Man sagt zwar jedes Mal, wir pflanzen doch einen Baum nach, aber einen großen Baum kann man nicht so leicht ersetzen.“ Gerade jetzt werde das deutlich, wo die kleinen und mittleren Bäume ums Überleben kämpften. Fürs Gießen gibt Pfeifer allen sparsamen Schwaben noch einen Tipp: „Ich sammle selbst das Brauchwasser in der Küche, mit dem ich zum Beispiel den Salat wasche. Da kommen locker ein paar Einer zusammen, die nichts kosten. Damit gieße ich die Bäume.“

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