Rechtsexperten halten für die Erprobung der 25 Meter langen Riesenlaster eine Zustimmung von Bundesrat und -tag nötig.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der geplante Fünfjahrestest von 25 Meter langen Riesenlastern, den die Bundesregierung noch in diesem Jahr auf deutschen Straßen starten will, ist "klar verfassungswidrig". Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Rechtsprofessors Ulrich Battis im Auftrag der Allianz pro Schiene. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) muss nun mit Klagen von Bundesländern und der Opposition gegen seine heftig umstrittene Ausnahmeverordnung rechnen.

 

Testfahrten von überlangen Lkws seien keine Ausnahme vom Straßenverkehrsgesetz, sondern etwas Neues, sagte Battis in Berlin. Daher sei der Bundesrat zu beteiligen. Außerdem fehle für wesentliche Bestimmungen der Verordnung die gesetzliche Ermächtigung. Daher sei auch der Bundestag zwingend zu beteiligen, ähnlich wie beim Modellversuch zum begleiteten Fahren ab 17 Jahren.

Die Mehrheit der Bundesländer lehnt die Tests ab

Ramsauer hatte Mitte August den Entwurf der Ausnahmeverordnung für die Riesenlaster zur Stellungnahme verschicken lassen. Die gesamte Opposition im Bundestag und viele Verkehrs- und Umweltverbände sind gegen die 25-Meter-Lkws. Auch die Mehrheit der Bundesländer lehnt die Tests ab, nur CDU-regierte Länder sind dafür. Im Bundesrat bekäme die Regierung also kaum eine Mehrheit für ihre Pläne.

Nach Angaben von Professor Battis, der Staats- und Verwaltungsrecht an der Berliner Humboldt-Universität lehrt, kann jede Landesregierung gegen die Ausnahmeverordnung mit einem Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht vorgehen. Auch ein Drittel der Mitglieder des Bundestags könne diesen Weg gehen. Bundestag, einzelne Fraktionen oder der Bundesrat könnten zudem gegen die Verletzung ihrer verfassungsmäßig verankerten Gesetzgebungsbefugnisse ein Organstreitverfahren einleiten.

Politische Pleite für Ramsauer

Nach Informationen prüft unter anderem die SPD-Fraktion im Bundestag bereits rechtliche Schritte gegen die Pläne Ramsauers. Das bestätigte der verkehrspolitische Sprecher Uwe Beckmeyer auf Anfrage. "Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung die unausgegorenen Pläne für Riesenlaster endlich aufgibt", sagte der Abgeordnete. Selbst CDU-Länder wendeten sich ab. Damit sei statt eines durchgehenden Streckennetzes für die Testfahrten "nur noch ein Flickenteppich" übrig. Auch die beabsichtigten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Test seien somit gering.

Für Verkehrsminister Ramsauer droht sein vehementer Einsatz zu Gunsten der Riesenlaster nun zu einer politischen Pleite zu werden. Sogar das CDU-regierte Hessen machte jetzt einen Rückzieher. Die Teilnahme an den Tests "kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Aussicht gestellt werden", verkündete der dortige Verkehrsminister Dieter Posch (FDP). Der Verordnungsentwurf Ramsauers sei "nicht geeignet" für einen erfolgreichen Feldversuch.

Auch in der Bevölkerung fehlt die Akzeptanz

Das neue Rechtsgutachten sieht Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, als "doppelte Ohrfeige" für den Minister, weil der Entwurf gleich zweifach gegen die Verfassung verstoße. Die Entscheidung über die Gigaliner dürften weder am Bundestag noch am Bundestag vorbeirollen. Wenn Ramsauer seine Pläne nicht aufgebe, müsse der Klageweg beschritten werden. Auch in der Bevölkerung fehlt offenkundig die Akzeptanz für die 25-Meter-Lkws. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage seien 77 Prozent der Deutschen gegen die Riesenlaster, so Flege.

Auch bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG stoßen die Pläne auf strikte Ablehnung. "Monstertrucks sind der völlig falsche Weg", kritisiert die EVG. Stattdessen sei die konsequente Verlagerung von Gütern auf die Schiene nötig. Auch die Europäische Kommission wolle zu Recht Fracht bei über 300 Kilometer auf die Bahn verlagern. Leider ignoriere die Bundesregierung solche auch ökologisch sinnvollen Bestrebungen, kritisiert EVG-Chef Alexander Kirchner.

Proteste gegen Neueinführung

Bahnbranche: Kritik kommt auch vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der Lobby des öffentlichen Personennahverkehrs und des Güterverkehrs auf der Schiene. Mit den Riesenlastern würde der Straßentransport auf einen Schlag fast ein Drittel billiger, befürchtet VDV-Geschäftsführer Martin Henke. Das gefährde den Frachtverkehr der Bahn.

Riesenlaster: Ein sogenannter Eurocombi bezeichnet eine lange Lkw-Kombination mit bis zu 25,25 m Fahrzeuglänge und bis zu 60 Tonnen Gesamtgewicht. In Deutschland soll jedoch „nur“ mit 44 Tonnen getestet werden.