Gingen hat nicht nur seine schöne Johanneskirche zu bieten. Welche Schätze es noch zu sehen gibt, soll bald ein historischer Rundgang belegen.

Gingen - Eine wichtige Sache möchte der Gingener Bürgermeister Marius Hick bis zum Frühjahr noch klären. Ist das 1100-Jahr-Jubiläum nun exakt am 6. oder erst am 8. Februar ? „Das Datum ist auf der Schenkungsurkunde nicht ganz leserlich“, sagt er. Immerhin stammt diese auch aus dem Jahr 915. König Konrad hatte darin die Schenkung seiner Gemahlin bestätigt. Kunigunde hatte den Ort Gingen dem Kloster Lorsch an der Bergstraße um ihres Seelenheils willens übereignet. Die Experten tendieren übrigens zum 8. Februar.

 

„Eine der reichhaltigsten Historien“

Bis dahin gibt es für die Arbeitsgruppe Ortsjubiläum, die bereits seit zwei Jahren besteht, noch einiges zu tun. Unter anderem wird die wechselhafte Ortsgeschichte unter der Leitung der Historikerin Gabriele von Trauchburg umfassend aufgearbeitet. Gingen besitze im Kreis Göppingen eine der reichhaltigsten Historien, urteilen Gabriele von Trauchburg, Helga Maier und Helmut Maßfelder, die auch gemeinsam einen historischen Ortsrundgang konzipiert haben.

Die älteste Kircheninschrift in ganz Deutschland

Nach dem Reichskloster Lorsch prägten die Staufer, das Erzbistum Mainz, die Grafen von Helfenstein, die Reichsstadt Ulm und die Königreiche Bayern und Württemberg den Ort. Die Lage an der alten Königs- und Reichsstraße sorgte immer wieder für Umschwünge. „Unser bedeutendstes Monument ist sicher die Johanneskirche mit der ältesten Kircheninschrift Deutschlands aus dem Jahr 984“, sagt auch der Bürgermeister Marius Hick. „Es gibt aber noch viel mehr Relikte und Besonderheiten, auf die wir nun im Ort hinweisen wollen“, fügt er hinzu.

So ist nicht nur der dreieckige Kirchplatz ein Kleinod historischen Städtebaus, sondern auch der ebenfalls dreieckige Platz mit der ehemaligen Schmiede, dem ehemaligen Ulmer Amtshaus und heutigem Gasthaus Sonne und der Kreissparkasse, die die Amts- oder Güldescheuer war. Als einzigartig bezeichnet zumindest der Arbeitskreis Historischer Rundgang auch das vorindustrielle Weberviertel, das noch entlang der Froschgasse und beim Spielplatz an der Grabenstraße erkennbar ist. Ähnliche Spuren früher Wirtschaftsgebäude finden sich auch entlang des ehemaligen Mühlkanals.

Es gibt sogar Funde aus der Jungsteinzeit

Doch auch außerhalb des historischen Ortskerns der Kommune soll der Rundgang Hinweise auf die Dorfgeschichte geben. In der Nähe der geplanten B-10-Ortsumfahrung am Gingener Kompostplatz soll eines von insgesamt 24 Hinweisschildern auf Funde aus der Jungsteinzeit hinweisen. Ganz im Westen an der Brückenstraße sind Relikte einer Viereckschanze aufgetaucht, und auch die Römer haben ihre Spuren in Gingen hinterlassen. In der Wilhelmstraße soll ein Hinweis auf die Römerin Claudia Messorina erfolgen, die dem Gott Merkur zwei Weihesteine stiftete. Sie ist die erste namentlich bekannte Persönlichkeit aus dem heutigen Landkreis Göppingen.

Die Geislinger labten sich am Gingener Sauerwasser

Wenig bekannt dürfte heutzutage Außenstehenden überdies sein, dass Gingen einst eine üppig sprudelnde Sauerwasserquelle hatte. An dem mineralhaltigen Nass labten sich viele Jahre lang auch die Geislinger gerne. Unter anderem wurde das dortige Krankenhaus mit Gingener Sauerwasser beliefert. Dort, wo heute an der Bahnhofstraße die Seniorenwohnanlage steht, befand sich einstmals der Brunnen. Als es aber darum ging, die Quelle neu zu fassen oder sie aufzugeben, entschieden sich die Gingener für letzteres.

Der neue Rundgang soll relativ offen angelegt werden und hat somit unterschiedlichste Anknüpfungspunkte für die verschiedenen touristischen Routen, wie die Filstalroute für Radwanderer oder die Route der Industriekultur im Filstal. Nun hofft die Kommune auf Fördergelder. Mehr als 14 000 Euro soll die Aufstellung der Tafeln kosten. Die Kommune stellt aber einen Förderantrag bei der Region und hofft auf einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent.