Die G7-Staaten sind sich einig, dass Russland in der Ukraine-Krise liefern muss. Vor allem die prorussischen Separatisten müssen zurückgepfiffen werden - sonst drohen dem Kreml härtere Sanktionen.

Die G7-Staaten sind sich einig, dass Russland in der Ukraine-Krise liefern muss. Vor allem die prorussischen Separatisten müssen zurückgepfiffen werden - sonst drohen dem Kreml härtere Sanktionen.

 

Brüssel/Warschau - Der Westen erwartet von Russland endlich vertrauensbildende Maßnahmen in der Ukraine-Krise, anderenfalls drohen dem Kreml neue schärfere Sanktionen. Die Staats- und Regierungschefs der führenden westlichen Industriestaaten (G7) verständigten sich am Mittwoch in Brüssel auf eine entsprechende Erklärung.

„Wir sind bereit, die gezielten Sanktionen zu verstärken und zusätzliche bedeutsame restriktive Maßnahmen zu verhängen, um den Preis, den Russland zu zahlen hat, in die Höhe zu treiben, wenn die Ereignisse dies erfordern“, heißt es in dem Dokument. Als Bringschuld fordert die G7 von Russland vier Punkte: Zusammenarbeit mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Stopp des Zustroms von Separatisten und Waffen in die Ostukraine, Garantien für die Gasversorgung, vollständiger Abzug der Truppen von der ukrainischen Grenze.

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte klar, dass eine russische Verweigerungshaltung Stufe drei der Sanktionen nach sich ziehen könne. Sie fügte aber hinzu: „Es gibt keinen Automatismus.“ Neue Strafmaßnahmen müssten unter den Partnern abgestimmt werden.

US-Präsident Barack Obama hatte sich zuvor dafür starkgemacht, weiter einen harten Kurs gegen Russland zu fahren, sollte Putin die ohnehin schwerste Sicherheitskrise seit Ende des Kalten Krieges weiter befeuern.

Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron sind bereit, in Paris und bei der Feier in der Normandie zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie mit dem russischen Präsidenten den Dialog suchen.

Putin signalisierte, auch mit Poroschenko zu sprechen

Hollande, der die Feierlichkeiten als Moderator nutzen will, sagte, er habe auch Poroschenko eingeladen. „Frankreich wird die ganze Welt empfangen.“

Putin signalisierte, auch mit dem Ukrainer zu sprechen. Auch ein Gespräch mit Obama bot er an. „Ich habe nicht vor, irgendjemandem aus dem Weg zu gehen“, sagte er in am Mittwoch gezeigten Auszügen eines Interviews der französischen Sender Europe 1 und TF1v. Vorwürfe, die Ukraine gezielt zu stabilisieren, wies er erneut zurück. „Es gibt keinerlei russische Streitkräfte, keinen russischen Ausbilder im Südosten der Ukraine.“

Vom US-Präsidenten gab es weiter kein öffentliches Zeichen, mit Putin in der Normandie sprechen zu wollen. Nach seinen harten Worten in Richtung Moskau zu Beginn seiner Europareise dürfte eine Annäherung schwierig sein. Der US-Präsident warnte Russland unmissverständlich vor einer militärischen Bedrohung eines Nato-Staates in Ost- und Mitteleuropa.

Angesichts der Annexion der Krim durch Russland beschwor Obama in Warschau die vertraglich geregelten Bündnispflichten der Nato: „Artikel 5 ist eindeutig - ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle.“ Er fügte hinzu: „Als Alliierte haben wir die ernste Pflicht - eine bindende Vertragsverpflichtung - unsere territoriale Integrität zu verteidigen.“

Obama hatte zuvor schon angekündigt, eine Milliarde Dollar (etwa 735 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren.

Putin reagierte auf die Konfrontation mit Obama mit Unverständnis. „Es ist seine Entscheidung, ich bin bereit zum Dialog“, sagte er. Er hoffe, dass keine neue Etappe des Kalten Krieges komme.

Obama nannte den Anschluss der Krim an Russland unannehmbar. „Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren“, sagte er zum Gedenken an die ersten teilweise freien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989.

Freiheit sei ein kostbares Gut, für das Ost- und Mitteleuropa einen hohen Preis habe zahlen müssen. „Polen und auch Litauen und Rumänien werden niemals alleine stehen“, sagte der Präsident. Vielmehr stünden an ihrer Seite mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und mit der Nato eine unzerstörbare Allianz.

„Das sind nicht nur Worte, das sind unverbrüchliche Verpflichtungen“, rief Obama. Die Stärke der Nato richte sich nicht gegen ein anderes Land.

Das sieht Putin völlig anders. Harsch kritisierte er die Politik Washingtons: „Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanische Politik die aggressivste und härteste ist.“ Erstmals seit 16 Jahren kamen die G7 ohne Russland zusammen. Den Gipfel richtete erstmals die Europäische Union aus. Nach der Krim-Annexion war Putin aus dem G8-Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes abgesagt worden.

In Warschau nutzte der US-Präsident die Feierlichkeiten, Poroschenko zu treffen. „Die USA stehen nicht nur in den kommenden Tagen und Wochen hinter dem ukrainische Volk, sondern in den kommenden Jahren“, sagte er.

Nach Poroschenkos Angaben vereinbarte er mit Obama die Lieferung militärischer Ausrüstung wie Nachtsichtgeräten, Wärmekameras und Kommunikationstechnik vereinbart worden. Zur G7-Runde gehören neben Merkel, Obama, Cameron und Hollande auch die Regierungschefs Italiens, Kanadas und Japan. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Zum Abschluss des Gipfels stehen am Donnerstag die Lage der Weltwirtschaft, Handelsfragen, Energiesicherheit und Entwicklungshilfe auf der Tagesordnung.