Spazieren und neue Freundinnen treffen. Sogenannte „Girls Talking and Walking“-Treffen finden jetzt auch in Ludwigsburg statt. Wann es wieder so weit ist und was hinter der Aktion steckt.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

Unter dem Motto „Girls Talking and Walking“ – auf Deutsch: Frauen sprechen und spazieren – haben sich in Ludwigsburg mehrere Frauen zusammengetan, um regelmäßig zusammen spazieren zu gehen. Mitte Juli fand das erste Treffen statt, schon am Donnerstag soll ein weiteres folgen. Der Trend stammt aus den USA, nach und nach gibt es auch in Deutschland immer mehr solcher Gruppen, die vor allem über die sozialen Netzwerke organisiert werden.

 

„Wir sind zufällig auf das Thema gestoßen und waren sofort begeistert. Schnell war für uns klar: Das brauchen wir auch in Ludwigsburg“, erzählt Irina Pass, die das Spazierengehen in Ludwigsburg mit ihrer Freundin Inna Brodel organisiert. Die beiden Frauen, 38 und 49 Jahre alt, leben beide im Kreis Ludwigsburg.

Am ersten Treffen habe Pass vor allem gefallen, dass die unterschiedlichsten Frauen mit vor Ort gewesen seien. „Eine Studentin, eine Rentnerin, eine Frau mit Baby und eine mit Hund waren dabei“, erzählt sie begeistert. Die Idee richtet sich explizit nicht nur an eine Alters- oder Zielgruppe. Dass sich hier ganz unterschiedliche Menschen treffen, das sei Absicht. „Es geht nicht um Alter oder Herkunft, wir wollen Spaß haben oder uns auch mal gegenseitig unterstützen“, sagt Irina Pass.

Die Gruppen vermitteln viel Offenheit: „Unsere Community beruht auf gegenseitigem Respekt, Freundlichkeit und Toleranz. Die Spaziergänge sind offen für Frauen aller ethnischen Hintergründe, sozialer Hintergründe und jedes Alters.“ Irina Pass erzählt, sie selbst sei nicht in Deutschland geboren, auch deshalb sei ihr ein solches Statement wichtig.

Es geht auch um einen sicheren Ort für Frauen

„Vor einigen Jahren haben Inna und ich solche Treffen auch schon über Facebook organisiert und an solchen Aktionen teilgenommen“, erzählt die 38-Jährige. Aber während der Coronapandemie seien diese dann unmöglich geworden. Vor allem deshalb sei sie von dem neuen Konzept gleich begeistert gewesen. Aber warum nur Frauen? Explizit soll es nicht um Dating gehen, deshalb bleibe man lieber unter sich. „Das soll ein Safe Space, also ein sicherer Raum für Frauen sein“, erklärt Irina Pass.

Beim Frauen-Spaziergang in Ludwigsburg Foto: Privat

In New York wurde bereits 2022 die Gruppe „City Girls Who Walk“ ins Leben gerufen. Mit der Zeitschrift Elle sprach Gründerin Brianna Kohn über das städtische Leben in und nach der Pandemie. Viele ihrer Freundinnen seien weggezogen, offen erklärte sie. „Ich fühlte mich einsam“, so Kohn.

Auf TikTok postete sie schließlich ein Video und fragte, ob jemand Lust auf einen Spaziergang hätte. Zu dem spontanen Treffen kamen schließlich mehr als 250 Frauen. Ein voller Erfolg. Seit nunmehr zwei Jahren finden dort die gemeinsamen Walks statt, jeden Montag treffen sich die Frauen. Vor allem viele junge Frauen sind dabei. Auf ihrem Instagram-Kanal zeigen sie, was möglich ist. Zu den Spaziergängen kommen Hunderte, inzwischen gibt es auch Treffen, um gemeinsam laufen zu gehen, Yoga zu machen und sogar einen eigenen Buch-Club.

Auch in anderen deutschen Städten gibt es die Spaziergänge

Die Idee aus den Staaten schwappte in den vergangenen Monaten über den Atlantik, auch in vielen großen deutschen Städten kam die Idee gut an. Heute gibt es die Spaziergänge in Frankfurt, Köln, München und Stuttgart. Aber warum eigentlich spazieren? Das sei gut für die Gesundheit, die eigene Laune und für die Seele, erklärt etwa die Gruppe in Stuttgart auf ihrer Seite.

Politik und Wissenschaft machten zuletzt außerdem darauf aufmerksam, dass Einsamkeit kein Problem von einzelnen Großstädtern wie der New Yorkerin Brianna Kohn ist. Inzwischen bezeichne sich jeder dritte Mensch in Deutschland zumindest zeitweise als einsam. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden veröffentlichte im Mai dieses Jahres neueste Erkenntnisse. Der Forschung zufolge seien die Zahlen seit der Coronapandemie nochmals gestiegen. Im Jahr 2013 hätten noch 14,5 Prozent bei einer repräsentativen Befragung angegeben, zumindest teilweise einsam zu sein, sagte Sabine Diabaté vom BiB. Ende 2022 seien es 36,4 Prozent gewesen, 17 Prozent hätten sogar erklärt, sehr einsam zu sein.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte bei der Vorstellung der Forschungsergebnisse, dass vor allem jüngere und ältere Menschen betroffen seien. Die Bundesregierung will sich des Themas nun stärker annehmen und hat eine entsprechende Strategie beschlossen. Künftig soll unter anderem die Öffentlichkeit stärker sensibilisiert werden.

Unabhängig von den Expertinnen und Experten zeigte sich in Ludwigsburg: Das gemeinsame Spazieren kommt an. Zum ersten Treffen kamen laut Irina Pass bereits 30 Frauen. „Die Resonanz war sehr positiv“, erzählt sie. Weil der Spaziergang beim vergangenen Treffen nach einer Stunde schon vorbei war, wollen die Frauen bei ihrem kommenden Treffen am Donnerstag noch gemeinsam in die Weinlaube nach Ludwigsburg gehen. Irina Pass ist optimistisch: „Ich glaube, wenn sich die Idee noch weiter herumspricht, werden noch mehr kommen.“

Treffen der Gruppe

Girls Talking and Walking Ludwigsburg
Das nächste Treffen der Gruppe findet am 8. August um 18.30 Uhr statt. Treffpunkt ist der Eingang vor dem Ludwigsburger Schloss auf der Seite der Königsallee. Nach dem Spaziergang ist ein Besuch der Weinlaube geplant, für all jene, die sich anschließen möchten. Mindestens einmal im Monat soll ein Treffen in Ludwigsburg stattfinden.

Die Gruppe auf Social Media
Auf Instagram informiert das Team regelmäßig über künftige Aktionen. Wer sich nur informieren will, braucht für das Netzwerk keinen eigenen Account. Zu finden ist er im Netz unter: https://www.instagram.com/ludwigsburggirlstalkingwalking/.