Richtig romantisch war Technik noch nie. Doch nun entwickeln Japaner ein Gerät, das echte Küsse naturgetreu übermitteln soll.

Tokio - Am Kajimoto-Labor der Universität für Elektrokommunikation in Tokio haben sie ein Kussübertragungsgerät gebaut. Es sind dort kreative Ingenieure am Wirken. Sie haben bereits eine Navigationshilfe in Gestalt eines Helms mit zwei Auslegern konstruiert, die über jeweils sechs Elektromotoren gesteuert an den Ohren des Trägers ziehen, um ihn in die richtige Richtung zu lenken. Eine weitere Entwicklung des Kajimoto-Labors ist eine Vorrichtung namens Sense-Roid, mit der sich Empfindungen untersuchen lassen, die entstehen, wenn man die Möglichkeit hat, sich selbst zu umarmen. Das wird über einen sensorgespickten Torso möglich gemacht, in dem man quasi einen Abdruck der Umarmung hinterlässt - sie einem in eine eigens anzulegende Weste gespiegelt, die verschiedene Formen von Druck alias Umarmungen, wiedergeben kann. "Der Nutzer des Sense-Roid liebkost sich selbst", freuen sich die Forscher.

 

Nun also ein Kussübertragungsgerät. Der Prototyp sieht ein bisschen aus wie die Bürobleistiftspitzer, die man früher an Schreibtischkanten festgeschraubt sehen konnte, wobei an dem Kussapparat das Kurbeln mit der Zunge erledigt wird. Folgt man der Farbgebung, könnten das Kussaufzeichnungsgerät und sein Gegenstück, die Kussabgabeeinheit, von Apple sein - ein weißer und ein schwarzer Kasten. Die Zunge wird durch eine Art Strohhalm emuliert: "Ziel ist es, ein Kussgefühl zu bewirken." Der kussabgebende Proband auf dem Pilotvideo wirkt wie jemand, der versonnen aus einer Radrennfahrerflasche isotonische Flüssigkeit zu sich nimmt - mit anderen Worten: "Ein Wunder, ein Geheimnis ist der Kuß / Denn wie des Morgenlandes Weisen sangen / Die Lippe küßt, wohin das Herz sich neigt" (Friedrich Halm). Japanische Forscher drücken das mit dem ihrer Kultur eigenen Feingefühl aus: "Die Elemente eines Kusses beinhalten den Tastsinn, die Atmungsweise und die Feuchtigkeit der Zunge. Wenn es uns gelingt, all das nachzuschaffen, werden wir ein wirklich leistungsfähiges Gerät zur Verfügung haben."

Die Kussinformationen verschiedener Individuen können gespeichert und jederzeit wieder abgerufen werden, einschließlich genauer Zungenpositionen. Die Kajimoto-Laboranten regen an, man möge sich einen populären Entertainer vorstellen, der einen Kuss aufzeichnet, und um wie viel populärer es ihn machen könnte, würde man die Kusskonserve seinen Fans anbieten. Immerhin wäre das einfacher, als wenn man Kylie Minogue dazu zu bringen versuchte, dass sie einen küsst. Mich würden noch andere Dinge interessieren: Zeitlupenküsse etwa oder verkehrt herum abgespielte Küsse, außerdem die Frage des Kussmultiplexing, das technisch realisierte Küssen im Chor und die Konstruktion eines Kusssynthesizers. Auf der Website des Labors hat jemand neben dem Bericht über die Kiss Transmission Device einen Kommentar geschrieben: "Forever alone".

E-Mail an den Autor: p.glaser@stz.zgs.de

Bemerkenswertes aus der digitalen Welt