Mit Hilfe der Technik möchte der Mensch gern ein bisschen Gott spielen. Aber Götter machen keine Fehler – im Gegensatz zum Menschen.

Stuttgart - Immer wieder tritt der Wunsch des Menschen zutage, in geophysikalische Vorgänge einzugreifen. So erreichte die Redaktion einer amerikanischen Regionalzeitung anlässlich einer für bestimmte Erdgebiete zeitlich kompliziert angesetzten Sonnenfinsternis folgende Leserzuschrift: „Ich denke nicht, dass es fair war, dass sie dort diese Sonnenfinsternis um 2 Uhr früh hatten. Manche von uns müssen auch morgens zur Arbeit. Warum kann so was nicht zu einem angemessenen Zeitpunkt stattfinden?“

 

Aber auch das Wetter wollen wir manipulieren, Derzeit wird in China ein Großversuch zur künstlichen Erzeugung von Regen vorbereitet. Er soll verhindern, dass die Tibetische Hochebene – bedingt durch den Klimawandel – beschleunigt zur Wüste wird. Das Gebiet erwärmt sich doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt, in manchen Streifen fallen Niederschläge nur noch äußerst spärlich. China hat eine eigene Wetteränderungsbehörde, die über 30 Flugzeuge, 4000 Raketenwerfer und 7000 Flakgeschütze zum Ausbringen von „Wolkenimpfungen“ verfügen soll.

Vom Regentanz bis zum Wolkenimpfen

Mit künstlichem Regen wird schon lange experimentiert. Bei den Naturvölkern gab es Regengötter, die durch Tänze gnädig gestimmt werden sollten. Landwirte auf der ganzen Welt benötigen den Regen, wir sind abhängig vom Regen, um nicht zu verhungern und zu verdursten. Seit es Flugzeuge gibt, versucht man tatsächlich Niederschlag zu provozieren: Auf die Wolken wird Trockeneis oder Silberjodid gestreut. Um eine Wolke zum Ausregnen zu bringen, müssen genügend Gefrierkerne zur Verfügung stehen: Die Mischung aus abgeworfenen Eisteilchen der Flugzeuge und unterkühlten Wasserwolken bringt den gewünschten Effekt – oder auch nicht, wie diverse Studien belegen.

„Vor einigen Jahren war der Beruf des ‚Regenmachers‘ nach dieser Methode in den weiten Farmgebieten der USA eine lohnende Tätigkeit“, hieß es bereits im Jahre 1959 in einem Beitrag, der in dem Sammelalbum „Die Welt von morgen“ des Nudelherstellers Birkel erschien. „Man brauchte nur ein Flugzeug zu chartern und gefrorene Kohlensäure über Wolken abzurieseln. Es gab auch Scharlatane, die es regnen lassen wollten, wenn keine Wolken am Himmel standen! Ihre Zeit ist jetzt aber vorbei, seitdem jeder Farmer vom Lkw aus mit einem eigenen ‚Wetter-Generator‘ Gefrierkerne in Form von Silberjodid in die Wolken schießen kann. Das geschieht über einen Heißluftstrom, der das erforderliche Silberjodid viele Kilometer hoch in die Wolken trägt.“

Schmelzende Eiskappen

Die Zukunft kristallisierte damals auch in einer Zahl: dem Jahr 2000. Dieses wurde als Wendepunkt ausgemacht, ab dem der Mensch mit Schwebegleitern durch Kuppelstädte fahren und in Mondkolonien leben würde. In der Nachkriegszeit hatte sich der Himmel von einem religiösen in ein technisches Problem verwandelt, das mittels der bemannten Raumfahrt gelöst werden sollte. Auch das Energieproblem war quasi beseitigt. Professor Heinz Haber, Pionier des deutsch-amerikanischen Wissenschaftsjournalismus, veröffentlichte zusammen mit Walt Disney 1958 das Buch „Unser Freund, das Atom“. Auf Architekturentwürfen aus dieser Zeit haben die Häuser von morgen riesige Glaswände und sind dank Atomenergie mühelos zu beheizen.

In dem Birkel-Sammelalbum wurde auch erörtert, das antarktische Eis durch riesige Brennspiegel aus einer Erdumlaufbahn abzuschmelzen und so eine neue Urlaubsregion entstehen zu lassen. Dass diese Schnapsidee knapp sechzig Jahre später durch die Folgen des Klimawandels tatsächlich umsetzbar scheint, war von den Regeningenieuren allerdings nicht geplant.