Zehn jahre lang gingen sie getrennte Wege, nun haben Cassandra Steen und Moses Pelham mit ihrer Band Glashaus im Wizemann wieder Soul gepredigt.

Stuttgart - Ausverkauft war das Glashaus-Comeback im Stuttgarter Club Wizemann relativ schnell. Weil es sich weder um junge Deutschrapper noch um moderne Schlagerstars handelt, ist diese Nachricht zunächst überraschend. Es geht hier um Soul. Zwar zeitgemäßen, elektronisch verstärkten und sehr poppigen, aber eben Soul. Den wollen viele hören, und die Bestuhlung zeigt die Marschrichtung des Abends: Andächtig lauschen statt ausgelassen tanzen, für Glashaus macht man das sogar an einem Freitagabend. Nicht irgendwer gibt hier ein Comeback, sondern das Stuttgarter Soul-Eigengewächs Cassandra Steen, der umtriebige Produzent und Rapper Moses Pelham (Rödelheim Hartreim Projekt) und sein Kollege Martin Haas. Zehn Jahre nach Steens Ausstieg haben die drei wieder zusammengefunden und 2017 mit „Kraft“ ihr fünftes Album vorgelegt

 

Lauter Jubel begleitet die hochgewachsene Dame mit der umwerfenden Stimme auf die Bühne begleitet. Der Saal passt mit seinem Industrie-Charme passt nur bedingt zur seelenvollen, intimen Musik, doch Cassandra Steen muss nur den Mund aufmachen, und alles andere ist vergessen. Sie hat eine außergewöhnliche Stimme, ihr Charisma machte deutschsprachigen Soul zu Beginn dieses Jahrtausends mehr oder weniger im Alleingang salonfähig. Moses Pelhams Bibelzitate muss man mögen, christliche Songinhalte sind nicht jedermanns Sache – man kann aber gut darüber hinwegsehen.

Viele im Saal haben andächtig die Augen geschlossen

Steen sitzt vorne an der Bühne, Pelham thront ein wenig merkwürdig über ihr hinter einem Synthesizer, linker Hand sitzt Martin Haas hinter seinem Flügel. Gemeinsam mit der Begleitband erschaffen sie einen warmen Sound mit viel Platz für Melancholie und angeknackste Herzen. Viele im Saal haben andächtig die Augen geschlossen, bewegen stumm die Lippen mit. Das alte Stück „Solange“ intoniert Steen mit tiefer, elektrisierender Stimme, Glashaus beeindrucken schon früh im Set mit großer Homogenität und Harmonie, als wären sie nie getrennt gewesen.

Wie ein Mantra klingt die neue Nummer „Gegen den Strom“. Auch sie basiert auf der bewährten Mischung aus Electro-Beats, warm wogenden Arrangements und Cassandra Steens beflügelnder Stimme; doch die Mischung sitzt, die Darbietung passt, das Publikum wohnt dieser Rückkehr versonnen bei. Daran ändert sich nichts, als der Autor das Konzert wegen eines Notfalls leider vorzeitig verlassen muss – das bestätigen später zahlreiche Anwesende und deren Handy-Aufzeichnungen. Bereits im März gibt es ein Wiedersehen im Ludwigsburger Scala, dann in passendem Ambiente.