Wie die Münchner CSU die Grünen mit einem Dringlichkeitsantrag für eine neue Badeverordnung links überholte.

München - In Bayern geschehen noch Revolutionen. Zuletzt die, dass sich die CSU, sonst nur mit der Moralkeule unterwegs, an die Spitze der Freizügigkeit gesetzt hat. In München, wo Nackerte im Englischen Garten seit Jahrzehnten zum Stadtbild gehören, blafften Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes ein paar junge Frauen an, die sich oben ohne an den Isarstrand gelegt hatten. Verboten! Sofort ordentlich anziehen! Dermaßen ruppig traten die bulligen Kerle auf, dass weitere Sonnengäste dazwischengingen und die Polizei schlichten musste.

 

Danach der Aufruhr in den Boulevard-Blättern! In der Stadt des Leben und Leben-Lassens! Schließlich erklärte das städtische Baureferat geknickt, man habe den Sicherheitsdienst an die Isar beordert; bei Verstößen gegen die Badekleidungsverordnung aber sollte er wegschauen. Denn nackert darf selbst in München nur an sieben Stellen gebadet werden; das Isarufer in der Stadtmitte gehört nicht dazu.

Gleich zwei Anträge befördern die Gleichstellung

Ein Aufreger wie dieser ließ die Kommunalpolitik nicht ruhen. Die oppositionellen Grünen stellten im Stadtrat eine förmliche Anfrage – etwa dazu, warum man bei „Oben ohne“ einen Unterschied zwischen Frauen und Männern mache. Diese ansonsten furchtbar brave Anfrage wäre, wie man bürokratische Abläufe kennt, von der Verwaltung wohl erst an einem grauen Herbsttag beantwortet worden.

Da sah die CSU – in lokaler GroKo mit der SPD verbandelt – ihre historische Chance: Man konnte die Grünen links überholen! Zwei Dringlichkeitsanträge jagte die CSU an den Stadtrat raus. Der Begriff „Badekleidung“, wie ihn die Satzung von 2014 vorschreibe, sei zu unbestimmt und rufe damit so „ungute Situationen“ wie an der Isar hervor. Klarstellen müsse man, dass künftig nur die „primären Geschlechtsorgane“ vollständig bedeckt sein sollten: „Dann muss sowohl von Männern als auch von Frauen lediglich eine Badehose getragen werden.“ Man reibt sich die Augen: Die CSU verlangt Freiheit für oben ohne! Sofort und gleich, denn der Sommer habe „ja erst angefangen“. Die Vollversammlung des Stadtrats sah das diese Woche genauso. Einstimmig ging der CSU-Antrag durch. Ohne hitzige Diskussionen. Das heiße Wochenende kann kommen.