Gleichstellung sexueller Minderheiten Grün-roter Aktionsplan ist höchstumstritten

Am Dienstag will die grün-rotes Landesregierung ihren umstrittenen Aktionsplan zur Gleichstellung sexueller Minderheiten beschließen. Nicht nur in der Opposition ist das Konzept umstritten.
Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung will die Gleichstellung von sexuellen Minderheiten voranbringen und dazu an diesem Dienstag im Kabinett einen umstrittenen Aktionsplan beschließen. Das Thema ist emotional aufgeheizt - in Stuttgart haben bereits mehrere hundert Menschen gegen das Konzept demonstrieren. Für Sonntag ist wieder eine „Demo für alle“ in Stuttgart angemeldet. Die Initiatoren wenden sich gegen eine angebliche Sexualisierung von Kindern auch in den Schulen und treten für die Wahrung der traditionellen Familie ein.
Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016, Landtagsfraktionschef Guido Wolf, kritisierte am Montag, die grün-rote Landesregierung gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Das Konzept sieht nach Angaben des Sozialministeriums vom Montag vor, dass Akteure in Behinderteneinrichtungen und in der Pflege für das Thema sensibilisiert werden, Diskriminierungen in der Arbeitswelt abgebaut und die medizinischen Angebote für trans- und intersexuelle Menschen verbessert werden.
Polizei besser schulen
Mitarbeiter von Polizei und Justiz sollen im Umgang mit sexuellen Minderheiten besser geschult werden. Das Sozialministerium geht davon aus, dass etwa 700.000 bis 1,1 Millionen Menschen in Baden-Württemberg zu sexuellen Minderheiten gehören.
Im ersten Schritt stellt Grün-Rot für die Umsetzung des Konzeptes insgesamt eine Million Euro für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 bereit. Nach Angaben der „Stuttgarter Nachrichten“ soll das Thema sexuelle Vielfalt dabei nicht nur im Unterricht, sondern auch in den Schulbüchern seinen Niederschlag finden. Man gehe aber davon aus, dass die Verlage das von sich aus machten, weil sie die Realität abbilden wollten. „Wenn das nicht so sein sollte, dann ist unsere Vorstellung, dass wir mit den Verlagen reden und sie noch einmal darauf hinweisen - vielleicht auch durch eine Handreichung“, zitierten die "Nachrichten" einen Sprecher des Kultusministeriums.
Wolf kritisiert fehlendes Fingerspitzengefühl
CDU-Spitzenmann Wolf kritisierte, der Aktionsplan sei ohne Augenmaß und Rücksicht geschrieben. „Gerade bei einem solch sensiblen Thema hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl und ein ehrliches Zugehen auf die Kritiker gewünscht“, sagte er. „Mit dem jetzt vorgelegten Aktionsplan riskiert Grün-Rot eine heftige Auseinandersetzung, die eher das Trennende als das Gemeinsame betonen wird.“ Grün-Rot fehle ein Konzept zur Einbindung kritischer Stimmen.
Wolf warf Grün-Rot generell vor, sexuelle Fragen in der öffentlichen Debatte zu betonen. Das sei unglücklich. „Vielleicht gehört es zum Respekt vor der Identität eines jeden Einzelnen, höchstpersönliche Themen wie die Sexualität wieder mehr ins Private zu verlagern“, gab er zu Bedenken. „Toleranz und Respekt lassen sich im direkten Miteinander besser fördern als in aufgeregten öffentlichen Debatten“, sagte er auch mit Blick auf den Bildungsplan, der ebenfalls öffentlich kontrovers und höchst emotional diskutiert wurde. Dabei geht es darum, dass Schüler lernen sollen, sexuelle, ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt zu akzeptieren.
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, mit dem Aktionsplan wendeten sich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen gegen die anhaltende Diskriminierung von Homosexuellen, Intersexuellen und anderen Menschengruppen. „Dieses Ziel streben auch die Vereinten Nationen, das Europäische Parlament, der Europarat und die Bundesregierung an“, machte er klar. Wer sich gegen dieses Anliegen stemme, verweigere diesen Menschen Respekt und Achtung.
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