Die grün-rote Landesregierung kämpft für mehr Akzeptanz sexueller Minderheiten. In der CDU schmeckt das vielen nicht. Die Regierungsfraktionen werfen den Christdemokraten rückschrittliches Denken vor.

Stuttgart - Das Engagement der Landesregierung für eine Gleichstellung sexueller Minderheiten stößt auf Unverständnis innerhalb der CDU. Grün-Rot wirft den Christdemokraten dagegen rückschrittliches Denken vor. Der Streit entzündete sich am Montag an einer geplanten Zielvereinbarung zwischen der Landesregierung und einem Netzwerk zur Gleichstellung sexueller Minderheiten, die dessen Vertreter und Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) am Abend in Stuttgart unterzeichneten. So sollen Zusammenarbeit und Dialog die laufende Legislaturperiode hinaus gesichert werden. Angela Jäger von dem Netzwerk sagte: „Das Eintreten für Akzeptanz scheint ein Zuhause gefunden zu haben.“ Altpeter sagte, der Tag erfülle sie mit Stolz.

 

„Die grün-rote Kretschmann-Regierung hat abgehoben. Sie ereifert sich im Kampf für die mehr als fragwürdige Gender-Ideologie und betreibt eine Überbetonung von einzelnen Minderheiten“, sagte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und Landtagsfraktionsvize Winfried Mack am Montag in Stuttgart.

Damit löste er Kritik von SPD und Grünen im Landtag aus. Christoph Michl vom Vorstand der Interessengemeinschaft Christopher Street Day Stuttgart, die Teil des Netzwerkes ist, sprach von einem Signal der Verpflichtung, das in dieser Form im Vergleich der Bundesländer einmalig sei.

Schmiedel: CDU hält an Vorurteilen fest

Die Grünen-Politikerin Brigitte Lösch sagte: „Wenn die CDU Gender Mainstreaming verteufelt, distanziert sie sich von einem Leitprinzip, das sie selbst in der Zeit von Erwin Teufel 2004 eingeführt hat.“ Unter Gender Mainstreaming wird verstanden, bei jeder Entscheidung deren Auswirkung auf Männer und Frauen gleichermaßen mitzubedenken. Wenn die CDU hinter diese Ära zurückfalle, verliere sie endgültig den Anschluss an die gesellschaftliche Realität, so Lösch. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel bedauerte, „dass sich die CDU nicht von ihren Jahrzehnte alten Vorurteilen lösen kann“.

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf hatte gesagt, seine Fraktion werde an der „Demo für alle“ am vergangenen Sonntag in Stuttgart nicht teilnehmen, äußerte aber Verständnis für die Protestierenden. Christoph Scharnweber vom evangelischen Arbeitskreis der CDU Heilbronn sowie der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Rhein-Neckar, Malte Kaufmann, traten als Redner auf. Zwei Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg schickten Grußworte.

"Doppelzüngiges, leicht durchschaubares Spiel"

„Das ist ein doppelzüngiges, leicht durchschaubares Spiel“, kommentierte Michl. Die CDU müsse deutlich machen, wo sie in Sachen Gleichberechtigung und Akzeptanz stehe. Er zeigte sich überzeugt, dass Gleichberechtigung und Akzeptanz von Vielfalt im Landtagswahlkampf eine Rolle spielen werde. „Wir mahnen schon jetzt alle Beteiligten, mit diesem sensiblen Thema verantwortungsbewusst umzugehen.“

Thomas Bareiß, Bezirksvorsitzender der CDU Württemberg-Hohenzollern, der der „Demo für alle“ mit rund 4000 Teilnehmern ein Grußwort geschickt hatte, sieht sich nicht im Widerspruch zu Wolf. „Sexualität ist eine ganz persönliche Sache“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Deshalb sei der unterschiedliche Umgang innerhalb seiner Partei damit nachvollziehbar. Für ihn habe das Thema im Landtagswahlkampf keinen Vorrang.