Konflikte, Armut, Klimawandel sorgen dafür, dass Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden. In beengten und unhygienischen Verhältnissen wächst die Infektionsgefahr, darunter Cholera.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Todesfälle durch Cholera weltweit drastisch gestiegen. Es seien 71 Prozent mehr tödliche Verläufe gemeldet worden als 2022, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Zahl der gemeldeten Fälle stieg um 13 Prozent.

 

Wahre Todeszahl liegt weit höher

Mehr als 4000 Menschen seien im vergangenen Jahr an der vermeidbaren und behandelbaren Infektion gestorben. Es wurden 535 321 Krankheitsfälle gemeldet, 38 Prozent davon betrafen Kindern unter fünf Jahren. Weil nicht überall alle Fälle registriert und diagnostiziert werden, geht die WHO davon aus, dass die wahre Zahl deutlich höher liegt.

Was ist Cholera?

Cholera ist eine Erkrankung der Darmschleimhaut und verursacht Erbrechen und lebensgefährliche Durchfälle. Bakterien lösen die durch mangelnde Hygiene verursachte Infektion aus, die im Extremfall binnen weniger Stunden zum Tod führen kann.

Anfang der 1880er Jahre wies der deutsche Mediziner und Bakteriologe Robert Koch (1843-1910) erstmals das stäbchenförmige Bakterium „Vibrio cholerae“ als Cholera-Erreger nach.

Ursachen für Cholera sind Trinkwasser, das mit Fäkalien oder Erbrochenem von Erkrankten verschmutzt ist, und verunreinigte Lebensmittel. Foto: Imago/Dreamstime

Was löst Cholera aus?

  • Auslöser: Die Durchfallerkrankung wird durch das Bakterium „Vibrio cholerae“ ausgelöst, das im Darm ein Gift bildet. Ursachen sind Trinkwasser, das mit Fäkalien oder Erbrochenem von Erkrankten verschmutzt ist, und verunreinigte Lebensmittel.
Die Durchfallerkrankung wird durch das Bakterium „Vibrio cholerae“ ausgelöst, das im Darm ein Gift bildet. Foto: Imago/Depositphotos
  • Infektion: Etwa 80 Prozent der Infektionen verlaufen milde. In schweren Fällen können Flüssigkeits- und Salzverlust in Stunden zu Kreislaufkollaps, Muskelkrämpfen bis zum Schock und Tod führen.
  • Seuchengeschichte: Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts starben auch in Europa Hunderttausende an der Cholera. Schon indische Schriften aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. beschreiben das Krankheitsbild des „asiatischen Ungeheuers“, das sich im 19. Jahrhundert aus dem indischen Ganges-Delta auf mehrere Kontinente ausbreitete. Sechs Pandemien in Folge töteten Millionen Menschen. Die siebente Pandemie brach 1961 aus. Die WHO geht von jährlich drei bis fünf Millionen Erkrankungen und 100 000 bis 120 000 Todesfällen aus, vor allem in Afrika, Südamerika, Südostasien und im Westpazifik.

Wie kommt es zu einer Infektion?

  • Ursachen: Die meisten Menschen infizieren sich über Trinkwasser, das mit Fäkalien verschmutzt ist, oder über verunreinigte Lebensmittel.
  • Verlauf: Die Bakterien setzen sich im Dünndarm fest und sondern ein Gift ab. Die Patienten können mehr als 20 Liter Flüssigkeit am Tag verlieren, auch Mineralien werden ausgeschwemmt. Nierenversagen und Kreislaufkollaps sind die Folge.Cholera ist eine Durchfallerkrankung, bei der der Körper viel Flüssigkeit verliert. Das kann zu Nierenversagen und zum Tod führen. Menschen stecken sich meist durch Trinkwasser an, das mit Fäkalien oder Erbrochenem von erkrankten Personen verschmutzt ist, oder durch den Verzehr verunreinigter Lebensmittel.
In den Elendsvierteln der Dritten Welt wie hier in Nairobi (Kenia) können sich die Erreger ausbreiten. Foto: Imago/Zuma Press Wire

Warum fehlt es an Impfstoff?

In Afrika habe sich die Zahl der Fälle mehr als verdoppelt, während sie in Asien und im Nahen Osten um rund ein Drittel zurückging. Auch in diesem Jahr seien die Zahlen nach vorläufigen Meldungen hoch geblieben: Bislang seien der WHO 342 000 Krankheits- und 2400 Todesfälle gemeldet worden.

„Konflikte, Klimawandel, unzureichende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Armut, Unterentwicklung und die Vertreibung der Bevölkerung aufgrund neuer und wieder aufflammender Konflikte und Naturkatastrophen haben im vergangenen Jahr zum Anstieg der Choleraausbrüche beigetragen“, heißt es seitens der WHO.

Es sei viel zu wenig Impfstoff vorhanden, so die WHO. Im vergangenen Jahr seien 36 Millionen Impfdosen produziert worden, aber Länder hätten eigentlich die doppelte Menge benötigt. Die Produktion werde mit allen Mitteln angekurbelt.

Wie sind die Heilungschancen?

Unbehandelt kann Cholera innerhalb von wenigen Stunden oder Tage zum Tod führen. Bei schneller Diagnose und Behandlung – vor allem mit sauberem Wasser, lebenswichtigen Salzen (Elektrolyten) und einem Antibiotikum – ist die Prognose aber gut. Bei medizinischer Betreuung lässt sich die Todesrate unter den Erkrankten laut WHO unter ein Prozent senken.

Wann kommt es zu Epidemien?

Epidemien treten vor allem auf, wenn die hygienischen Bedingungen schlecht sind und es keine geregelte Abwasserversorgung gibt. Je besser diese ist, desto geringer ist die Chance zur Verbreitung von Cholera-Erregern. Besonders gefährdet sind Reisende in tropischen Krisengebieten. Hier sind die Hygienestandards gering, so dass es zur Verunreinigung des Trinkwassers kommen kann.