Wie oft gestorben wird im Südwesten, taugt zum werbewirksamen Memento mori. Besonders feinsinnig ist’s, wenn sich das direkt an der Demarkationslinie zwischen Baden und Württemberg abspielt.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Villingen-Schwenningen - Das Sterben ist ein todernstes Thema. Noch dazu eines, worüber es sich nicht so recht in geselliger Runde bei Butterbrezel und Weißweinschorle plaudern lässt. Ein Bahnhof hingegen scheint ein geeigneter Ort, um über die Vergänglichkeit und das Verstreichen der Zeit zu sinnieren. An der Zugstation in Villingen zumindest ist dieser Tage auf einem Plakat zu lesen: „Alle vier Minuten stirbt ein Schwabe“.

 

Die Vergänglichkeit der anderen als frohe Botschaft

Das ist eine feinsinnige Standortwahl. Denn obwohl das badische Villingen und das württembergische Schwenningen schon fast ein halbes Jahrhundert eine Doppelgemeinde bilden, verläuft die Demarkationslinie mitten durch die Stadt. Folgerichtig steht am Schwenninger Bahnhof ein Schild mit der Botschaft, dass in der anderen Landeshälfte im selben Takt gestorben werde. Die wechselseitige Abneigung der Südwestpartner geht dann aber doch nicht so weit, dass das Werbesprüchlein über die Vergänglichkeit der jeweils anderen als frohe Botschaft ausgelegt wird.

Dass die Firma, die an der Schmerzgrenze für ihre Dienstleistungen rund um die letzte Reise wirbt, nicht korrekt den Gegensatz zwischen Badenern und Württembergern, sondern zwischen Badenern und Schwaben bildet, sei mit dem Umstand erklärt, dass die Gschäftlemacher im fernen Berlin sitzen. Dort kennt man ja noch nicht einmal den Unterschied zwischen einem Weckle und einer Schrippe.

Schreck über den teuren Verblichenen

Und doch treffen sie womöglich mit ihrer Kampagne einen Nerv im Südwesten. Das Unternehmen mahnt an, sich möglichst frühzeitig Gedanken über den Heimgang zu machen. Denn für die Hinterbliebenen bekommt das Diktum vom teuren Verblichenen spätestens bei der Endabrechnung der Feierlichkeiten häufig eine ganz neue Bedeutung.