Alle sagen nur noch Ticket: Eine Handvoll Wörter ist wegen akuter Maulfaulheit vom Aussterben bedroht.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Selbstbewusst prahlen wir im Land gelegentlich: „Der Schiller und der Hegel, der Uhland und der Hauff, die sind bei uns die Regel, die fallen gar nicht auf.“ Es ist sogar erlaubt, in diesen Zeilen des Dichters Eduard Paulus die Namen Schelling, Mörike, Kerner oder Hölderlin nach Belieben einzustreuen, so viele Wortkünstler kommen von hier. Diesen Ruhm hat das Land nicht aufgrund der Spracharmut und des eingeschränkten Wortschatzes besagter Persönlichkeiten erlangt.

 

Beim Bahnfahren, Parken und Rasen werden wir mundfaul.

Um so bedauernswerter ist es doch, dass die Sprache doch ärmer zu werden scheint. In Zeiten des Feinstaubalarms merkt man das mehr denn je, denn viel mehr Schwaben (und natürlich auch Reingeschmeckte) sind dieser Tage mit Bus und Bahn unterwegs. Was lösen sie, wenn sie starten? Eine Fahrkarte? Nein. Ein Ticket. Das jagt wortsensiblen Zeitgenossen mindestens genauso eisige Schauer über den Rücken wie die Gruselgestalten, die am Reformationstag wieder von allen guten Geistern verlassen durch die Gassen hasten. Huibuh.

Dieses Ticket spukt durch alle Lebensbereiche. Wer zu schnell fährt, kriegt ebenso eines, wie ein Falschparker, auch wenn das Wort Strafzettel eine Alternative wäre. Schließlich zieht auch jener Zeitgenosse, der regelkonform parkiert, ein Ticket (Parkschein? Nie gehört?) am Automaten. Wer wird denn gleich in die Luft gehen, wenn er das hört? Na, Inhaber eines Tickets natürlich, die große Augen machen, wenn man sie nach dem Flugschein fragt.

Letztes Aufbäumen für ein in Vergessenheit geratenes Wort

Was bleibt, ist die Feststellung, dass die Vielfalt im vorliegenden Falle wegen akuter Maulfaulheit vom Aussterben bedroht ist. Bäumen wir uns ein letztes Mal beim Ticket(brrr)kauf dagegen auf, ganz im Sinne schwäbischer Dicht- und Sangeskunst, des Bäuerles auf dr schwäb’sche Eisebahne eingedenk: „Goht an Schaldr, lupft dr Huat: Oi Billetle, senn so guat!“